Es war einmal ein ganzer Kerl mit großem Herzen

Hallelujah, Rufus Wainwright ist zurück. Und besingt auf seinem siebten Album Kaiserin Sisi, Tochter Viva, die Liebe und sich selbst.

Von Christiane Fasching

Innsbruck –Im August will Rufus Wainwright heiraten. Und zwar seinen langjährigen Lebensgefährten Jörn, den er bei einem Konzert in einer Berliner Kirche kennen und lieben lernte. Mit dabei werden auch Wainwright-Töchterchen Viva und deren Mutter Lorca sein, die wiederum die Tochter von Leonard Cohen ist – fehlt bloß noch, dass bei der Trauung „Hallelujah“ angestimmt wird. Wainwright müsste den Text bereits in- und auswendig kennen, hat er Cohens Welthit doch einst auf dem „Shrek“-Soundtrack zu neuen Ehren verholfen. Aber das ist nur eine von vielen Randnotizen im bewegten Leben eines Künstlers, der gekonnt zwischen Kunst und Kitsch balanciert.

Shakespeare-Sonetten hat er ein musikalisches Kleid gestrickt, seinem Idol Judy Garland eine perfekt durchkomponierte Soiree gewidmet und einer alternden Diva die Oper „Prima Donna“ auf den unsichtbaren Leib gezaubert. Dazwischen hat der Sohn zweier Folkmusiker sechs Alben veröffentlicht, die gleich märchenhaft wie opulent des Weges kamen. Oder „schwul“ – um mit Wainwright zu sprechen, der jüngst in einem Interview erklärte, genügend „schwule Alben“ produziert zu haben. Für seinen neuesten Streich „Out of the game“ (Decca, Universal) engagierte der 38-Jährige, der seit Teenager-Zeiten offen zu seiner Homosexualität steht, deshalb mit Mark Ronson einen ganzen Kerl als Produzenten. Der hat bekanntlich schon Amy Winehouse zu Ruhm und Hits verholfen. Aber keine Sorge – wie ein müder Abklatsch von „Back to black“ klingt die Ronson-Wainwright-Kooperation deshalb noch lange nicht.

Vielmehr wird die Songsammlung von Magie und Melancholie ummantelt. Etwa in der berührenden Nummer „Montauk“, in der sich Wainwright die Zukunft seiner Tochter ausmalt. Eines Tages werde diese wohl zum Haus ihrer beiden Dads in Montauk, New York gondeln – und deren Trennung spüren. Deren immerwährende Liebe für sie aber auch. Mit „Welcome to the ball“ kriegt Klein Viva dann noch ein zuckersüßes und federleichtes Loblied mit auf den Weg, während sich Wainwrights Liebster Jörn über den getragenen „Song of You“ freuen darf, der hymnisch die Sprachlosigkeit der Emotion besingt. Die Gänsehaut-Ballade „Candles“ schickt Wainwright in den Himmel und zu seiner 2010 verstorbenen Mutter Kate. Wer hier Kitsch ortet, mag Recht haben – ist aber auch ein herzloser Knochen. Diesen Vorwurf muss sich Wainwright nicht gefallen lassen. Der Songwriter trägt das Herz am rechten Fleck – vergisst aber darüber die Kunst nicht. Man höre nur in „Perfect Man“ rein, wo „Der fliegende Holländer“ und Brechts Seeräuber-Jenny besungen werden. Kaiserin Sisi übrigens auch. Wien hat‘s Wainwright angetan. Am 6. Juli erobert er beim Jazzfest die Staatsoper. Dürfte himmlisch werden.