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Ex-Freundin erstochen: 20 Jahre Haft für Jus-Studenten

Der heute 22-jährige Jus-Student hatte die 18-jährige Claudia L. in der Nacht auf den 31. August 2011 mit einem Küchenmesser getötet, indem er ihr 24 Stich- und 14 Schnittverletzungen zufügte.

Wien – Ein 22-jähriger Jus-Student, der in der Nacht auf den 31. August 2011 seine Ex-Freundin Claudia L. in der gemeinsamen Wohnung in Wien-Margareten mit einem Küchenmesser erstochen hatte, ist am Dienstag im Straflandesgericht wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte der 18-Jährigen im Zuge einer verbalen Auseinandersetzung 24 Stich- und 14 Schnittverletzungen zugefügt. Der einstimmige Schuldspruch wegen Mordes ist nicht rechtskräftig, sowohl der Verteidiger als auch die Staatsanwältin meldeten Rechtsmittel an.

Die jungen Leute waren seit Herbst 2009 ein Paar. Zunächst führten sie eine Fern- bzw. Wochenendbeziehung, da der gebürtige Kärntner in der Bundeshauptstadt studierte, während die Steirerin in ihrer Heimat noch die Schule beendete. Im Vorjahr zog sie zu ihm. „Ab Februar 2011 haben wir versucht, uns als junges Paar in Wien zu etablieren“, erzählte der Angeklagte den Geschworenen.

Psychiater beschrieb Täter als „ichschwachen, traumverlorenen Menschen“

Alles schien zunächst eitel Wonne: Das Mädchen eröffnete als Debütantin den Opernball, fand eine Anstellung in einem Haubenlokal und hatte Aussichten auf einen Model-Vertrag. Im selben Ausmaß, in dem sich für sie die Welt öffnete, reduzierte sich jedoch ihr Interesse an ihrem Freund. „Ihr hat er zu viel geklammert“, stellte die Staatsanwältin fest. Der Psychiater Werner Brosch, der den 22-Jährigen im Auftrag des Gerichts untersucht hatte, beschrieb diesen als „ich-schwachen, traumverlorenen Menschen, der am Beginn seines Erwachsenenlebens steht“. Er habe Claudia L. „in überproportionalem Ausmaß zu seiner Identität und für sein Selbstwertgefühl gebraucht“.

Im Juli lernte die 18-Jährige bei einem Kurzausflug nach Deutschland einen anderen, offenbar interessanteren Mann kennen. Zunächst zog sie sich von ihrem Freund zurück, schließlich erklärte sie die Beziehung für beendet. „Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Ich war wie am Boden zerstört. Ich hab‘ mich sehr abhängig gemacht von ihr. Ich hab das Gefühl gehabt, ohne sie nicht leben zu können“, schilderte der Student seine Gefühlslage. Claudia sei „die erste große Liebe seines Lebens gewesen“, gab Verteidiger Günter Harrich zu bedenken.

Konsequent kehrte die 18-Jährige ihrem Ex-Freund allerdings nicht den Rücken. Sie blieb weiter bei ihm wohnen, versicherte, weiter mit ihm „gut befreundet“ sein zu wollen. Wenn ihr langweilig war, rief sie ihn an und klagte, ihr sei „fad“. Als sie den Führerschein machte, bat sie ihn, mit ihr zu lernen, wobei es wieder zu „Kuscheleien“ kam.

„Ich war gedemütigt von ihr“

In der Nacht auf den 31. August kam es zu einem kurzen Gespräch, als sie in der Wohnung angeblich am Computer saß und er gegen Mitternacht aus dem Schlaf erwachte. Nachdem er ein paar Tage zuvor mit einem halbherzigen Selbstmordversuch versucht hatte, sie wieder zurückzugewinnen, habe sie ihn nun wissen lassen, er sei „kein Mann für mich“, zitierte der Angeklagte seine Ex-Freundin. Sie habe ihm auch gestanden, mit dem anderen Mann in Deutschland geschlafen zu haben: „Ich war gedemütigt von ihr.“ Daraufhin habe er „leider das Messer geholt“. Er habe „anscheinend Wut bekommen. Ich hab‘ das als Angriff auf mich gesehen.“

Die Anzahl der vom Gerichtsmediziner festgestellten Verletzungen hätten ihn „erschreckt“, versicherte der 22-Jährige. Er könne sich maximal an drei Stiche erinnern.

Zweifel an den Angaben des 22-jährigen Angeklagten nährte eine Zeugin, die sowohl mit ihm als auch der 18-Jährigen befreundet gewesen war. Die Kellnerin erklärte, das Mädchen habe sie unmittelbar vor ihrem Ableben noch in ihrem Lokal besucht. Es sei vereinbart gewesen, dass Claudia L. die Nacht nicht mehr bei ihrem Ex-Freund verbringt. Dann - offenbar nach Erhalt einer SMS - sei diese jedoch mit den Worten, dieser „brauche sie“, aufgestanden und habe das Lokal in Richtung dessen Wohnung verlassen.

Um 0.31 Uhr erhielt die Kellnerin einen Anruf von Claudia L., die meinte sie habe „eine Scheiß Angst“. Die Kellnerin forderte die 18-Jährige auf, sich in ein Taxi zu setzen und zu ihr zu kommen. Wenige Minuten später dürfte es zu der tödlichen Messerattacke gekommen sein.

Täter schrieb SMS an die Eltern des Opfers

Laut Anklage hatte der 22-Jährige nach den zahllosen Stichen die leblos vor ihm Liegende noch zu reanimieren versucht. Doch jede Hilfe kam zu spät. Dies erkennend, ging der Jus-Student duschen, zog sich neue Kleider an und schickte Claudias Eltern eine SMS: „Es tut mir von Herzen leid. Ich bin psychisch krank. Ich habe eure Tochter Claudia ermordet.“ Im Anschluss teilte er seinem Vater mit: „Eines Tages verstehst du mich. Ich bin krank.“ Dann kontaktierte er die Polizei und ließ sich beim Eintreffen der Sicherheitskräfte unweit des Tatorts auf der Reinprechtsdorfer Straße widerstandslos festnehmen. (APA)