Gesellschaft

„Mein Kampf“ soll in Bayern ab 2015 zum Schulbuch werden

Die Propagandaschrift Hitlers soll in einer wissenschaftlich kommentierten Version im Unterricht eingesetzt werden.

München – Zu einem ungewöhnlichen Schritt hat sich das Land Bayern im heiß diskutierten Fall von Hitlers „Mein Kampf“ durchgerungen. Die Urheberrechte des Freistaates Bayern an der Propagandaschrift laufen Ende 2015 aus – daher kann eine Veröffentlichung durch Dritte nicht mehr verhindert werden.

Bayern will jetzt eine wissenschaftlich kommentierte Version des Pamphlets herausbringen, um missbräuchliche Verwendungen der Schriften von vornherein auszuschließen. Ziel sei die „Entmystifizierung“ der Propagandaschrift, erklärte Bayerns Finanzminister Markus Söder. Neben KZ-Überlebenden und deren Angehörigen fürchten auch Mitglieder der jüdischen Gemeinden eine missbräuchliche Verwendung des Buches.

Söder erklärte, man wolle mit der kommentierten Ausgabe die unkommentierte Veröffentlichung für Verlage kommerziell unattraktiv machen, immerhin könne ab 2016 jeder eine unkommentierte Ausgabe von „Mein Kampf“ veröffentlichen lassen, sofern das nicht in volksverhetzender Weise geschehe.

Kritisches Schulbuch

Neben der wissenschaftlich bearbeiteten Version soll auch eine Schulausgabe auf den Markt kommen. Damit sollen sich junge Menschen kritisch mit der Hetzschrift auseinandersetzen können, hofft Söder. „Wir wollen in allen Veröffentlichungen deutlich machen, welch großer Unsinn darin steht.“

Bis 1945 erreichte das Pamphlet eine Auflage von 9,8 Millionen alleine in Deutschland. Es wurde in 16 Sprachen übersetzt – nach dem 2. Weltkrieg wurden Millionen Exemplare beseitigt. Im deutschsprachigen Raum wurde es nicht mehr gedruckt, im Ausland dafür umso mehr.

Der spanische iTunes-Store bot ab Ende 2009 sogar eine eigene Ausgabe an – mit einer Altersfreigabe ab neun Jahren.

Da Hitler bis zu seinem Tod in München gemeldet war, wurde sein Vermögen vom Freistaat Bayern eingezogen. Dazu zählten auch die Nutzungsrechte an „Mein Kampf“. Diese Rechte laufen mit 1. Januar 2016 aus.

Mit der Neuauflage ist übrigens das Münchner Institut für Zeitgeschichte beauftragt, das seit Jahren versucht, eine Veröffentlichungsgenehmigung zu erwirken, damit eine seriöse Ausgabe publiziert werden kann – und um einer Sensationsmache prophylaktisch entgegenzuwirken. (rena)