„Glatte Manipulation“: Schwere Vorwürfe gegen Grasser
Der Ex-Finanzminister soll eine entscheidende Sitzung der Vergabekommission zum Buwog-Verkauf abgesagt haben. Der Grüne Peter Pilz ortete eine „schwerwiegende Manipulation“. Auch für BZÖ-Mandatar Petzner nährt sich wegen Zeugenaussagen im U-Ausschuss der Verdacht, dass Grasser im Hintergrund die Fäden zog. Für Aufsehen sorgte auch der Kärntner Landesrat Pfeifenberger, der sich bei seiner Befragung in Widersprüche verstrickte.
Wien - Auch am Mittwoch beschäftigte sich der parlamentarische Korruptions-Untersuchungsausschuss mit der Aufarbeitung der Buwog-Affäre. In dem Fall, in dem auch die Staatsanwaltschaft gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser sowie die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger ermittelt, geht es um den Verkauf der Bundeswohnungen 2003/2004. Im Zuge der Privatisierung sind damals 9,6 Millionen Euro an Provisionszahlungen vom erfolgreichen Bieter Immofinanz an Hochegger und Meischberger bezahlt worden. Die Gelder sollen über Zypern auf drei Konten in Liechtenstein geflossen und laut Verdachtslage zu einem Teil auch Grasser zugekommen sein.
„Grasser sagte Sitzung der Kommission ab“
Josef Mantler, Spitzenbeamter im Finanzministerium, hat am Mittwoch unter Wahrheitspflicht ausgesagt, dass eine entscheidende Sitzung der Vergabekommission zum Buwog-Verkauf vom damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser selbst abgesagt wurde. In dieser Sitzung hätte eigentlich der Zuschlag für den Verkauf erfolgen sollen, stattdessen gab es daraufhin ein zweites Bieterverfahren. Eine Weisung habe es aber nicht gegeben, weil sich Grasser hier an die Vorgabe der Kommission gehalten habe, betonte Mantler.
Pilz: „Schwerwiegende Manipulation“
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Peter Pilz, sprach von einer „glatten Manipulation“ durch Grasser. „Jösas Maria, es gewinnt schon wieder der Falsche“, habe sich demnach Grasser laut Pilz gedacht. Das alleinige Zuschlagskriterium im April 2004 sei laut Kommission der Bestpreis gewesen, bestätigte Mantler auf eine entsprechende Frage. Am 4. Juni sei der frühere Kabinettschef Heinrich Traumüller in die Notariatskanzlei zur Anbotsöffnung gegangen, so Pilz - ob auf Wunsch des Ministers, konnte Mantler nicht sagen.
Beim ersten Anbot sei die CA Immo um ca. 80 Mio. besser gelegen, bestätigte Mantler. Traumüller habe sofort Grasser über die Anbote informiert, so Pilz. Der Mandatar zitierte in weiterer Folge aus einem Aktenvermerk, wonach es in Abstimmung mit dem Minister eine weitere Runde geben soll, die für 8. Juni geplante Kommissionssitzung entfalle. Der Grüne Abgeordnete ortete eine „schwerwiegende Manipulation“. Grasser hat eine Beeinflussung des Bieterverfahrens stets bestritten.
Kurioser Auftritt von Kärntner Ex-Landesrat
Thema im U-Ausschuss war auch das Vorkaufsrecht des Landes Kärnten. Der Minister habe mit Haider vor allen Kommissionsmitgliedern telefoniert, das Anliegen sei es gewesen, eine rasche Entscheidung des Landes Kärnten herbeizuführen. Mantler bestätigte, dass das Bieterverfahren zugunsten der CA Immo ausgegangen wäre, hätte Kärnten das Vorkaufsrecht ausgeübt.
Ein eigenartiges Politikverständnis hat dabei der ehemalige Kärntner Finanzlandesrat Karl Pfeifenberger (FPÖ) präsentiert. Er war zwar nach Eigenaussage laut Kärntner Landesverordnung der zuständige Referent in der Causa Buwog, konnte aber beispielsweise nicht beantworten, warum er eine Verschwiegenheitsklausel zwischen dem Beratungsunternehmen Lehman Brothers und dem Land Kärnten unterschrieben hat. „Ich war anwesend, aber nicht der federführende Verhandler“, meinte er dazu. Ob ein Notariatsakt für die Rechtsgültigkeit des Vorkaufsrechtes für die Villacher Wohnungsgesellschaft ESG unterzeichnet wurde, wusste der ehemalige Finanzlandesrat nicht mehr.
Aufhorchen ließ Pfeifenberger auch damit, dass er als Finanzreferent zur Causa Buwog „nie mit dem Finanzministerium verhandelt hat“. Ihm wurde daraufhin die Vertraulichkeitserklärung mit Lehman vorgehalten. Die Erklärung wurde von Pfeifenberger unterzeichnet, anwesend bei den Besprechungen waren auch Mitarbeiter des Finanzministeriums. Auf diesen Widerspruch angesprochen - mit Hinweis auf die Wahrheitspflicht im U-Auschuss (Strafrahmen bis zu drei Jahren Haft) - betone Pfeifenberger, dass er zuvor gemeint habe, er habe nie „unter vier Augen“ mit Vertretern des Finanzministeriums verhandelt.
ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon hakte daraufhin noch einmal nach, woraufhin Pfeifenberger seine vorigen Aussagen korrigierte. Er hätte gemeint, die Frage nach Gesprächen mit Vertretern des Finanzministeriums habe sich auf persönliche Gespräche mit dem damaligen Finanzminister Grasser bezogen. Dass er als Finanzreferent defacto für die Abwicklung des Vorkaufsrechtes zuständig war, aber der mittlerweile verstorbene Landeshauptmann Jörg Haider dies erledigte, habe eine „eigenartige Optik“, räumte er ein, sei aber in der Kärntner Realität so gewesen.
Petzner: Verdacht, dass Grasser im Hintergrund die Fäden zog
Am Rande des U-Ausschusses war einmal mehr auch die Auftragsvergabe an die Investmentbank Lehman Brothers 2002 Thema. Für den BZÖ-Abgeordneten Stefan Petzner nährt sich der Verdacht, dass Grasser im Hintergrund die Fäden gezogen und Informationen weitergegeben haben könnte. Grund: Der frühere Geschäftsführer der Investmentbank CA IB, Klaus Requat, hatte am Dienstag im U-Ausschuss gesagt, es habe bereits im Vorfeld Informationen gegeben, dass Lehman den Auftrag erhalten würde - und zwar durch Lehman-Subunternehmer Karlheinz Muhr, einen Freund von Grasser.
Muhr hatte in seiner Zeugeneinvernahme 2009 auf die Frage, woher er diese Info hatte, gemeint: „Es ist möglich, dass diese Information von Grasser kam“, wie Petzner im Ausschuss zitierte. Damit es zu keiner Anfechtung der Vergabe durch die CA IB kommt, wurde sie Subunternehmer von Lehman - ein „fauler Deal“ zwischen Muhr, Grasser, CA IB und Lehman, kritisierte Petzner.
Grasser wird nochmals geladen
Bei den am Dienstag beschlossenen Ladungen dürfte es übrigens ein Problem geben: Der Ladungskonsens sei wieder brüchig geworden, deshalb werde es mittags eine Unterbrechung geben, kündigte U-Ausschuss-Vorsitzende Moser an. Bis zum 22. Mai sollten rund 25 Personen befragt werden – unter anderem der frühere Chef der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich (RLB OÖ), Ludwig Scharinger, und der Chef der Wiener Städtischen (Vienna Insurance Group), Günter Geyer. Beide Unternehmen waren mit der Immofinanz im letztlich siegreichen Bieterkonsortium für die Buwog. Auch Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) soll nochmals geladen werden. (tt.com/APA)