Europäische Union

Ungarn wegen Datenschutz und Richter-Pensionierungen geklagt

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Die EU zeigte Bereitschaft zur Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens im Streit um Unabhängigkeit der Zentralbank.

Brüssel – Im Streit um die Unabhängigkeit der staatlichen Institutionen in Ungarn hat die EU-Kommission in zwei Fällen Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erhoben. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte weiters am Mittwoch in Brüssel, die EU-Behörde sei aber bereit, ein laufendes Verfahren gegen Budapest wegen der Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank einzustellen. Weil Ungarn auch andere Garantien zur Unabhängigkeit der Justiz gegeben habe, sei die EU-Kommission bereit, Verhandlungen über eine finanzielle Unterstützung des Landes einzuleiten.

Ungarn hatte im November vergangenen Jahres Unterstützung bei der EU und beim Weltwährungsfonds beantragt. Wegen des Streits um die Unabhängigkeit der Zentralbank haben aber konkrete Verhandlungen über Finanzhilfen noch nicht begonnen.

Konkret entschied die EU-Kommission, Ungarn wegen seiner Regelung zur Datenschutzbehörde und wegen der Senkung des Pensionsalters von Richtern und Staatsanwälten von 70 auf 62 Jahre vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen. In beiden Fällen seien die ungarischen Bestimmungen nicht mit EU-Recht vereinbar, sagte der Sprecher. Die ungarische Opposition sieht darin einen Versuch der Regierung unter Premier Viktor Orban, unliebsame Richter loszuwerden und regierungsnahe Nachfolger einzusetzen.

Das Kommissarskollegium habe einem entsprechenden Vorschlag von Justizkommissarin Viviane Reding zur Klage zugestimmt, sagte der Sprecher. Wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit habe EU-Kommission den EU-Gerichtshof gebeten, die Klage zur ungarischen Justiz im Eilverfahren zu behandeln.

Die Garantien, die Ungarn zur Unabhängigkeit seiner Nationalbank gegeben habe, seien „klar und deutlich“, sagte der Kommissionssprecher. Aus den Gesprächen zwischen Ministerpräsident Orban und Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am gestrigen Dienstag in Brüssel habe sich ergeben, dass Ungarn das entsprechende Gesetz rasch ändern werde, um die volle Unabhängigkeit seiner Zentralbank zu gewährleisten. Das Verfahren sei aber noch nicht eingestellt, die Kommission sei nur dazu bereit, sagte der Sprecher.

Die EU-Kommission gehe auch davon aus, dass Ungarn bereit sei, fünf Probleme zu beseitigen, die im Bericht der sogenannten Venedig-Kommission des Europarates über die Justizreform genannt worden seien. (APA)