Warme Meeresströmungen lassen Eisbarrieren in der Antarktis bröckeln
Die Erderwärmung lässt das ewige Eis in der Antarktis schmelzen: Da sind sich Forscher sicher. Wie genau, ist noch nicht sicher. Eine neue Studie zeigt: Auch der Wind spielt eine entscheidende Rolle.
Wien/London – Riesige Eisplatten schwimmen vor der Antarktis im Meer. Das so genannte Schelfeis wirkt wie eine Blockade, die die dahinter liegenden Gletscher, die vom Kontinent in Richtung Ozean strömen, bremst. Sie regulieren, wie viel Eis letztlich im Wasser landet und der Meeresspiegel rund um den Globus ansteigt. Bisher hielten die schwimmenden Eisplatten, doch nun beginnen auch sie zu schmelzen. Und das, obwohl die Luft über der Antarktis sich nicht dramatisch erwärmt hat.
Schelfeis schmilzt an der Unterseite
Ein Forscherteam glaubt nun, die Ursache gefunden zu haben. Die Wissenschafter aus Großbritannien, den USA und den Niederlanden gehen davon aus, dass veränderte Windströme über der Antarktis die Eisschmelze beschleunigen. Vom Klimawandel beeinflusst haben die Winde die Stärke und Richtung der Meeresströmungen verändert, schreibt das Team um Hamish Pritchard vom British Antarctic Survey (BAS) im Fachblatt Nature. Die mögliche Folge: Das Schelfeis wird nicht nur von warmen Winden an der Oberfläche, sondern auch von warmen Meeresströmungen von der Unterseite her geschmolzen.
„Überall dort, wo das Schelfeis vom Meer geschmolzen wird, schmelzen auch die Gletscher an Land schneller“, erklärt Pritchard. „Es ist diese Beschleunigung, die hauptsächlich für die zunehmende Eisschmelze auf dem Kontinent verantwortlich ist und das trägt zum Anstieg des Meeresspiegels bei.“
Lasermessungen aus dem All
Millionen von Daten sammelten die Forscher zwischen 2003 und 2008. Und zwar aus dem Weltraum: Von einem NASA-Satelliten aus wurde die Dicke von 54 Schelfeis-Platten mit einem Laser-Instrument wieder und wieder vermessen. Das Ergebnis: 20 Schollen wurden kleiner, manche nahmen sogar um einen Meter pro Jahr ab. „Als Konsequenz fließt tonnenweise Eis der Gletscher ins Meer“, erklärt Pritchard.
Die Hoffnung des Forscherteams ist es, in Zukunft genauere Prognosen über den Anstieg der Meeresspiegel machen zu können. „Wir sollten dazu nicht nur in den Himmel über der Antarktis blicken, sondern auch in das umliegende Meer“, sagt Pritchard.
In Wien findet derzeit die Jahrestagung der Geowissenschaftlichen Union (EGU) statt. Auch dort berichten die Experten, dass alle Gletscher hinter schwindenen Schelfeis-Blockaden beschleunigt ins Meer rutschen. David Vaughn vom BAS, ein Mitautor der Studie, erklärte gegenüber Spiegel Online, es sei zu hoffen, dass sich die Winde erneut drehen. Da das Klima in der Region deutlich variabler sei als angenommen, stünden seiner Meinung nach die Chancen nicht schlecht, erklärte er. (tt.com, APA/dpa, Spiegel Online)