Lechtal kämpft gegen Abwanderung

Eine Forum-Land-Diskussionsrunde malt ein eher düsteres Bild: Der Zwang zum Zweitauto lässt viele Lechtaler nach Reutte abwandern. Junge zieht es in den Zentralraum, wo es genug neue Wohnungen gibt.

Von Helmut Mittermayr

Stanzach –Die Chancen und Probleme einer Region zu diskutieren – das ist das Anliegen der Forum-Land-Diskussionsreihe „Dorf ohne Leben?“ In Stanzach fand nun die erste Diskussion im Bezirk Reutte im Foyer des Gemeindesaales mit 25 Teilnehmern statt. Die Gemeinden im Lechtal punkten zwar mit aktiven Vereinen und einem funktionierenden Miteinander. Sorge bereitet die Abwanderung der Jungen aus den Dörfern, die zwischen Weißenbach und Elmen gerade einmal 2650 Einwohner zählen, war der Tenor.

„Forum Land nimmt sich der Anliegen der ländlichen Räume an. Wir stehen vor großen Herausforderungen“, umschreibt Forum-Land-Bezirksobmann Egon Brandhofer die Situation. Die Dörfer des Lechtals gleichwie die des Tannheimer Tales haben zwischen 300 und 1000 Einwohner. „Wenn die Menschen weniger werden, dann wird es immer schwieriger, die Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Den Gemeinden fehlen auch die nötigen Finanzen“, erklärt Brandhofer. Er unterstreicht: „Es braucht junge Menschen im Ort. Dann funktioniert das Dorfleben.“ Um die Jungen zu halten, fordert er den Ausbau des Breitbandnetzes. Für ihn ist es die größte Herausforderung, Jobs zu schaffen. Damit bleiben die Wertschöpfung und letztlich auch die Bewohner in der Region.

Der Zwang zum Zweitauto lasse viele schon in Richtung Reutte tendieren. „Dort suchen sie ihren neuen Lebensmittelpunkt“, weiß Brandhofer. Er hofft auch auf Impulse im Tourismus. Das brauche gerade das obere Lechtal. Einiges ist dabei schon gelungen. „Mit dem Drei-Täler-Pool werden die kleinen Lifte in der Region unterstützt“, freut sich Brandhofer.

Gerade in Stanzach ist der Skilift eine wesentliche Einrichtung, sagt auch Vizebürgermeisterin Hildegard Falger. Sie appelliert an die Umlandgemeinden, gemeinsam den Lift weiterzutragen. „Wir müssen generell überlegen, wo wir welche Infrastruktur erhalten wollen. Eine gute Aufteilung ist uns mit Vorderhornbach gelungen. Dort ist der Badeteich für den Sommer, bei uns der Lift für den Winter“, meint Falger. In der Diskussion wurde aber betont, dass Einrichtungen, die nur durch öffentliche Unterstützungen überleben können, auf Dauer nicht zu halten sein werden.

Bürgermeister Hans Dreier aus Weißenbach sieht den Bauboom in Reutte kritisch: „Die Wohnungspolitik im Zentralraum macht es uns nicht einfach, die Leute zu halten. Wir müssen in den Gemeinden Bauplätze schaffen, die kostengünstig für die Einheimischen zur Verfügung stehen.“ Ihn freut, dass erstmals in Weißenbach auch ein Wohnbauträger an einem Projekt Interesse bekundet hat. „Doch wenn wir die Arbeitsplätze nicht vor Ort haben, nutzt das auf Dauer auch nichts. Wir brauchen Jobs in unmittelbarer Nähe zum Wohnort“, sagt Dreier.

Sein Kollege aus Vorderhornbach, Gottfried Ginther, sieht vor allem in der Wohnbauförderung eine Schraube, an der man drehen könne. „Die gleiche Wohnbauförderung für das gesamte Land ist der falsche Ansatz. Mit der verdichteten Bauweise kann bei uns keiner etwas anfangen. Wir müssen froh sein, wenn jemand bei uns überhaupt baut“, erklärt Ginther.

Das Problem der Abwanderung verstärke sich sogar noch in den Seitentälern. „Pendeln will heute keiner mehr“, meinte ein Diskutant. Umso mehr wurde von einem anderen Teilnehmer der Ausbau der Infrastrukturen gefordert: „Ein adäquates Internet sichert auch den Tourismus und bietet neue Jobchancen. Gleichzeitig sollen die Gemeinden Möglichkeiten erhalten, eigene Einnahmequellen zu erschließen.“ Gefordert wurde dabei etwa die Umsetzung von kleinen Kraftwerken in der Region.

Der Elmer Bürgermeister LA Heiner Ginther nahm zur Belastung durch Motorradfahrer Stellung: „Rechtlich haben wir nur wenige Möglichkeiten. Wir werden weiter über Lärmreduktion und Geschwindigkeitsbeschränkungen diskutieren müssen.“