Innenpolitik

Letztes Tauziehen um die gläsernen Kassen

„Zum Krenreiben“: Experte Sickinger weist bei BZÖ und ÖVP Lücken in bisherigen Rechenschaftsberichten nach.

Wien –SPÖ und ÖVP wollen heute bei einer Regierungsklausur ihr Transparenzpaket mit neuen Offenlegungspflichten für die Parteifinanzen präsentieren. Die bisherigen Regeln sind zahnlos – und wurden dennoch nicht immer eingehalten, hat der Politologe Hubert Sickinger herausgefunden. Er hat die Rechenschaftsberichte der Parteien durchforstet und hat herausgefunden, dass die ÖVP und vor allem das BZÖ Zuwendungen der Telekom nicht ordnungsgemäß angegeben haben.

Schon jetzt müssen Parteien Spenden über 7260 Euro dem Rechnungshofpräsidenten melden und den Betrag in ihren Rechenschaftsberichten angeben. Den Spender nennen müssen sie nicht.

Offenbar geschah aber nicht einmal das. So hat das BZÖ 2006 fast eine Million Euro von der Telekom Austria erhalten. Das Geld floss direkt an vom BZÖ beauftragte Werbeagenturen und somit in den Wahlkampf der Partei. Im Rechenschaftsbericht für das Wahljahr scheinen die Zahlungen jedoch nicht auf. Deklariert wurden nur Großspenden im Ausmaß von 70.000 Euro, so der Experte.

Auch die ÖVP hat ihre Wahlkampfspenden der Telekom Austria im Jahr 2008 (insgesamt zumindest rund 120.000 Euro) wohl nicht deklariert: In der Kategorie Unternehmensspenden des Rechenschaftsberichts 2008 scheinen nur 70.000 Euro auf.

Sickingers Resümee im Gespräch mit der APA: „Zum Krenreiben.“ Mit neuen, strengeren Vorschriften wollen SPÖ und ÖVP wieder das Vertrauen der Bürger gewinnen. Die Parteichefs Werner Faymann (SPÖ) und Michael Spindelegger (ÖVP) wollen die Details heute vorlegen.

Entscheidend für die Umsetzbarkeit der Pläne wird die Zustimmung der Opposition. Um Parteien zur Offenlegung ihrer Kassen oder zur Begrenzung der Wahlkampfkosten zu zwingen, ist laut Sickinger eine Verfassungsbestimmung nötig – und die kann nur dann beschlossen werden, wenn zumindest eine der Oppositionsparteien zustimmt.

FPÖ, Grüne und BZÖ haben freilich schon im Vorfeld der Klausur davor gewarnt, dass die Koalition erst recht wieder nur „halbe Sachen“ beschließen könnte.

Gestern schlossen sich die Proponenten des Demokratie-Volksbegehrens „Mein OE“ diesen Vorbehalten an. Es sei zu befürchten, dass die Koalition versuche, vor dem Sommer rasch ein „Strohfeuer abzufackeln“, damit dann „wieder alles weitergeht wie gehabt“, sagte der frühere LIF-Politiker Friedhelm Frischenschlager.

Für Ex-ÖVP-Chef Erhard Busek fehlen in den bereits bekannten Plänen wichtige Punkte. So sei die diskutierte Grenze von 5000 Euro für die Veröffentlichung von Partei­spenden viel zu hoch.

Dennoch dürfte die Grenze bei den 5000 Euro eingezogen werden. Anonyme Spenden ab 1000 Euro und solche aus dem Ausland sollen überhaupt verboten werden.

Bis zuletzt wurde diskutiert, wie und welche Vorfeldorganisationen und Bünde einbezogen werden – von den Sozialdemokratischen Gewerkschaftern über den ARBÖ bis hin zu Wirtschafts- und Bauernbund der ÖVP. Ebenfalls in die Offenlegung einbezogen sind parteinahe Firmen wie der Echo-Verlag der Wiener SPÖ. (APA, sabl)