Landespolitik

Rüffel von Brüssel wegen fehlender UVP

Die EU kritisiert, dass es beim Bau der Pitztaler Talabfahrt keine Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben hat.

Innsbruck –Die unendliche Geschichte um den Bau der Talabfahrt vom Pitztaler Gletscher erfuhr gestern eine Fortsetzung. Die EU-Kommission hat Österreich gemahnt. Inhalt des bereits zweiten blauen Briefes: Österreichs Rechtsvorschriften für Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) würden nicht mit jenen der Union übereinstimmen. Die Kommission kritisiert, dass nicht geprüft wurde, wie sich der Bau der umstrittenen Talabfahrt vom Pitztaler Gletscher auf die Umwelt auswirkt.

Österreich und Tirol haben nun zwei Monate Zeit, der Kommission zu antworten und das Mahnschreiben zu entkräften. Hauptkritikpunkt der EU ist Österreichs Ausnahmeregelung. Diese sieht vor, dass es keine UVP braucht, wenn der Bau aus sicherheitstechnischen Gründen notwendig ist. Aus Sicht der EU kann das nicht sein, weil dadurch Schlupflöcher entstünden. Der Oesterreichische Alpenverein hatte sich 2008 an die EU gewandt und die Klage eingebracht.

Der Streit um den Bau der Pitztaler Talabfahrt hatte sich über Jahre hingezogen. Umweltaktivisten sahen den Gletscher in Gefahr, der Gletscherbetreiber setzte auf die Talabfahrt als eine zusätzliche Piste und als Notweg, um im Katastrophenfall das Skigebiet nicht nur durch die Stollenbahn, sondern eben auch über den Notweg zu entleeren. Dem Fall war die Katastrophe von Kaprun vorangegangen, wo im November 2000 155 Menschen hilflos in einer Stollenbahn verbrannten. Den Sicherheitsaspekt am Pitztaler Gletscher sahen Alpenverein und Landesumweltanwalt immer als vorgeschobenes Argument. Die Pitztaler Talabfahrt geriet zum Politikum.

Spät, aber doch sieht man sich beim Oesterreichischen Alpenverein (OeAV) bestätigt. „Es war eine Umgehung des UVP-Gesetzes. Deshalb war es gerechtfertigt, dass wir geklagt haben“, erklärt Peter Haßlacher, Leiter der Abteilung Raumplanung beim Alpenverein. Er rechnet nun damit, dass es nachträglich eine UVP geben wird.

Auch Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer findet klare Worte: „Die drohende Klage der EU zeigt vor allem, dass der Versuch, das UVP-Gesetz auszutricksen, nach hinten losgehen kann.“ Der Bau der Pitztaler Talabfahrt hat Kostenzers Vorgänger und dessen Stellvertreter Walter Tschon viele Nerven gekostet. „Es war der einzige Fall, wo der Landesumweltanwalt eine Weisung bekommen haben“, erklärt Kostenzer heute. Die damalige Naturschutzlandesrätin Anna Hosp (VP) hatte die Weisung erteilt.

Ihr Nachfolger in dem Job, Hannes Gschwentner (SP), will noch die Begründung der EU-Kommission abwarten. „Dann wird man sehen, wie der Gesetzgeber in Wien oder Tirol reagieren muss, um eine drohende Klage abzuwenden.“

Ob es eine Strafzahlung, eine nachträgliche UVP oder nur eine Anpassung des Gesetzes geben wird, das lasse sich jetzt noch nicht sagen, meint auch EU-Rechtler Walter Obwexer. (aheu, APA)