Kunstvolle Radikalität, die niemanden kaltlässt
Lois Anvidalfareis „Ecce Homo“ hängt wieder: im Hof der Galerie Maier, die den 50. Geburtstag des Grödner Künstlers mit einer Personale feiert.
Von Edith Schlocker
Innsbruck –Feiern, in deren Mittelpunkt er selbst steht, mag der Bildhauer Lois Anvidalfarei eigentlich gar nicht. Um eine Geburtstagsausstellung zu seinem 50. Geburtstag kommt der scheue Grödner allerdings nicht herum. Dafür sorgt schon sein Innsbrucker Galerist Sepp Maier, der neue Skulpturen und Zeichnungen des einzelgängerischen Avramidis-Schülers zeigt.
Im stimmungsvollen galeristischen Innenhof steht die Figurengruppe „Ecce Homo“, die im vergangenen Sommer bereits bei der „Figura“ in der Franzensfeste und heuer in der vorösterlichen Zeit vor der Wiltener Stiftskirche zu sehen war. Wo sie für viel Aufregung sorgte. Die drei mit Schnüren an einem hölzernen Rahmen aufgehängten bronzenen Figuren von bisher unbekannten Tätern – zwei Männern und einer Frau – abgeschnitten und auf den Boden gelegt wurden. Real wurde diese Aktion von diesen nachgespielt und auf YouTube gestellt.
Lois Anvidalfareis Kunst ist in ihrer Radikalität eine, die aufregt. Egal, ob man sie mag oder nicht. Sie lässt keinen kalt, provoziert Diskussionen. Bei Maier zeigt Anvidalfarei drei ganz neue Skulpturen, die zeigen, dass der Künstler sich bewegt, sich innerhalb seiner authentischen Grenzen weiterentwickelt. Im Detail realistischer, ganzheitlicher wird. Während sein „Doppelbein“ noch in plumpen Stümpfen ausfranst, sind die zwei in metallene Gerüste gezwängten Figuren bis in die Zehenspitzen ausformuliert. Was die Drastik noch steigert, das beklemmende Gefühl existenzieller Bedrohtheit, mentaler Ausweglosigkeit suggeriert.
Anvidalfareis Figuren sind immer nackt, erarbeitet in Gips nach Modellen, bevor sie in Bronze gegossen werden. Die Posen sind meist extrem, die Häute der Figuren erscheinen beschädigt, übersät mit Schnitten, blutenden Wunden. Modell steht dem im Abteital lebenden Künstler immer derselbe ältere Mann, dessen Gesicht sich im Prozess des Ringens um Ausdruck zunehmend in das des Formenden verwandelt. Wie der riesige Kopf eines offensichtlich friedlich Träumenden beweist.
Lois Anvidalfarei ist aber auch ein wunderbarer Zeichner. Von Menschen, deren Körper er aus feinen Linien und Punkten förmlich nachbaut. In extremen Perspektiven, spielend mit Verkürzungen, mit Konturen, mit ins Zweidimensionale gedachtem Körperhaftem. Letztlich abstrahiert zu den Hügeln und Tälern von Körperlandschaften, sanft weiblichen und schroff männlichen.