Spaß an der großen Bühne
Florian Bramböcks Fahrradoper „Der dritte Polizist“ feiert am 6. Mai Premiere. Mit der TT spricht er über seine Liebe zur Oper, die kulturelle Identität Tirols und Heimatgefühle.
Am 6. Mai feiert am Tiroler Landestheater Ihre Oper „Der dritte Polizist“ Premiere, die auf dem Roman des irischen Kultautors Flan O‘Brien basiert. Die vermessene Frage: Können Sie kurz umreißen, worum es in diesem grotesken Spiel mit der Wirklichkeit geht?
Florian Bramböck: Kurz gesagt geht’s um einen skurrilen Mordfall, der skurril aufgeklärt wird. Flan O’Brien bringt zudem den ominösen Wissenschafter De Selby ins Spiel, der aberwitzige Theorien aufstellt, die auch in der Oper vorgetragen werden. Die Hauptperson wiederum will ein Gesamtwerk von De Selby herausbringen, allerdings scheitert dieses Vorhaben an den finanziellen Mitteln. Und so wird ein alter Mann getötet, um an dessen Geld zu kommen. De Selbys Theorien sind übrigens auch sehr skurril – so geht’s etwa darum, dass ein Mensch, der häufig Fahrrad fährt, selbst zum Fahrrad wird.
In Doris Happls Libretto heißt es dazu: „Dieser Rausch der Atome, der bringt es zu Tag: So mancher ist schon bis zur Hälfte ein Rad.“ Wie vertont man derlei Absurdität?
Bramböck: Man braucht diesem schrägen Inhalt eigentlich gar keine skurrile Musik mehr mitgeben. Die Worte sind ja schon skurril genug – und würde man auch die Musik so gestalten, würde sich alles gegenseitig auslöschen. Deshalb habe ich mich beim Komponieren an einen normalen Sprechton gehalten, lediglich in den poetischeren Szenen wird die Musik ariös.
In einem Interview haben Sie gesagt, dass Sie beim Komponieren sehr instinktiv vorgehen und Ihnen Regeln egal sind. Wie kann man sich Ihr Arbeiten vorstellen?
Bramböck: Eine Opern-Vertonung ist ja recht leicht. Der Handlungsfaden ist bereits vorgegeben, man muss sich die Worte eigentlich nur selber vorsingen und sich den emotionalen Inhalt der Szene durchdenken. Ich gehe so vor, dass ich zuerst die Gesangsstimme durchkomponiere und mich danach dem Orchester widme. Wichtig bei den Gesangsstimmen ist, dass sie gut verständlich sind, weil sie ja den Inhalt transportieren müssen.
„Der dritte Polizist“ ist Ihre zweite Opernarbeit, 2009 schrieben Sie dem Tiroler Volkshelden Andreas Hofer „Hofers Nacht“ auf den Leib. Wo war es für Sie leichter, einen Zugang zu finden: Beim Freiheitskampf oder der Fahrrad-Groteske?
Bramböck: Der Hofer-Stoff hat mich schon viel länger beschäftigt und ich wollte daraus unbedingt eine Oper machen. Ehrlich gesagt hätte ich die Oper auch ohne Auftrag gemacht, so wichtig war sie mir. Auch „Der dritte Polizist“ war nicht von Anfang an eine Auftragsarbeit, sondern ist dazu geworden. Die Dramaturgin Doris Happl hat das am Landestheater in die Wege geleitet. Und auch hier hätte ich wohl genauso gut ohne Auftrag komponiert. Weil es für mich nichts Schöneres gibt, als Opern zu komponieren. Da ist alles dabei, was man als Komponist braucht – für mich ist das ein vollkommenes Musizieren.
Wie ist es um die Komponisten-Kür in Tirol bestellt?
Bramböck: Ich hoffe sehr, dass es Tiroler Komponisten auch nach dem Abgang von Intendantin Brigitte Fassbaender möglich sein wird, am Landestheater Opern zu komponieren. Was ich bisher gehört habe, scheint Fassbaenders Nachfolger Johannes Reitmeier meiner Hoffnung auch wohlwollend gegenüberzustehen. In einem Interview hat er zuletzt gemeint, dass er die Tiroler Musikszene sehr schätzt. Und das zu Recht. Es gibt hier unglaublich viele talentierte Komponisten und in meinen Augen gehört es zum Kreislauf des Steuersystems dazu, dass die Subventionen auch in eigene künstlerische Leistungen investiert werden.
Welcher Stoff würde Sie für die große Bühne reizen?
Bramböck: Ich möchte schon wieder eine Oper machen, weil mir das einfach am meisten Spaß macht. Aber als Nächstes möchte ich raus aus den Kammerspielen und mich an eine große Oper wagen. Mich reizt einfach das ganz große Orchester. Ideen für einen Stoff hab’ ich aber noch nicht.
Sie sind aktives Mitglied der Tiroler Jazz-Szene und Gründungsmitglied des neuen Vereins „TonArtTirol“, der die hiesigen Jazz-Kräfte bündeln will. Wird Jazz hierzulande stiefmütterlich behandelt?
Bramböck: Da müsste man davor klären, von wem man stiefmütterlich behandelt wird. Vom Publikum, den Subventionsgebern oder den Veranstaltern. Was das Publikum anbelangt, kann ich die Frage verneinen. Wir haben in Tirol ein fantastisches Jazz-Publikum, das teils sogar fanatisch und größtenteils sehr willig ist. Bei den Subventionsgebern ist es so, dass zurzeit wohl das meiste Geld im neuen Bergisel-Museum steckt und deshalb viele Sparten darben müssen. Was die Veranstalter angeht, gibt es leider einige, die zwar Subventionsgelder beziehen, aber trotzdem kaum Tiroler Musiker engagieren. Es wird viel zu viel zugekauft – und das schadet der kulturellen Identität Tirols.
Warum bleibt man als Jazz-Musiker dann in Tirol?
Bramböck: Ich war ja weg und bin wieder zurückgekehrt. Ich bin mit dem Vienna Art Orchestra viel in der Welt herumgekommen – und das war auch wunderbar, weil ich sehr viel gelernt habe. Zurückgekommen bin ich, weil Tirol meine Heimat ist. Ich lebe einfach sehr gerne hier.
Das Gespräch führte Christiane Fasching