Natur

Bärenhunger auf Kompost

Die Bärenbrüder Sam (M13) und Paul (M12) gehen inzwischen bis zu den Häusern. Der Bärenbeauftragte arbeitet hart daran, ihnen den Respekt vor Menschen zurückzugeben.

Von Matthias Reichle

Spiss, Pfunds –Für eine Sendung über spanische Erdbeeren sind Johanna Mangott und ihr Mann Dienstagnacht extra aufgeblieben. Plötzlich standen um 21.40 Uhr zwei Tiroler Bären vor ihrer Haustür: Sam und Paul, auch bekannt als M13 und M12.

Die beiden Bärenbrüder waren in den letzten Tagen mehrmals in Spiss unterwegs. Montagnacht schnappten sie sich einen Sack mit Vogelfutter vor der Haustür des Fichtenhofs am Rande der Ortschaft, schildert Johanna Mangott. Am Dienstag plünderten die Rabauken den Komposthaufen. Die Bewohner: Mangott, ihr Mann und Schwägerin Erna Jäger beobachteten sie dabei aus dem ersten Stock. „Einer ist sofort im Wald verschwunden.“ Der andere ließ sich zehn Minuten beim Fressen Zeit. „Ich hab‘ einen richtigen Schock gehabt“, so Mangott. „Er war groß mit einem dicken Hintern.“ Wahrscheinlich der 120 kg schwere Sam.

Besuch bekam auch Johann Jäger im Haus Bergblick. Sein Komposthaufen wurde von Montag auf Dienstag richtig zerstört. „In der Nacht darauf kamen sie erneut zum Fressen“, erzählt er. Dabei mussten die Bären eine schmale Treppe hinuntersteigen.

Ein bäriges Erlebnis hatte außerdem der Pfundser Vizebürgermeister Rupert Schuchter, dem Sam am Montag im Wald begegnete. Am Wochenende werden die Schafe auf die Weide gebracht, betont er. Viele haben derzeit ein mulmiges Gefühl. Das zeigte sich auch bei einer Infoveranstaltung in Pfunds, die wegen der beiden halbstarken Bären Mittwochabend einberufen wurde. „Wenn erst jemand gefressen wird, ist die Hölle los. Ich glaube, das ist der falsche Platz für einen Bären“, betonte ein Serfauser. „Warum muss man warten, bis was passiert?“, argumentierte ein anderer. Ein Dritter wiederum hatte Angst um seine Kinder. Ein Tösner Bauer glaubte, dass sich junge und alte Menschen nicht mehr nach draußen trauen. Betäuben und zurückschicken war eine Forderung. „Was passiert, wenn ich ihn schieße?“, fragte einer. „Gebt mir grünes Licht, dann hol‘ ich ihn mir“, forderte ein Spisser.

Nur sei das Problem damit nicht gelöst, es waren nicht die ersten Bären in Tirol und werden nicht die letzten sein, die zuwandern, wurde erklärt.

Derzeit versucht man Paul und Sam, der sich auffällig verhält, mit Knallkörpern und Gummigeschossen Respekt vor Menschen zu lehren. Man werde sich das Verhalten der Bären zwei Wochen anschauen, betonte Franz Krösbacher, der zuständige Landesbeamte, „wenn es nichts wird, muss die Landesregierung entscheiden, ob sie zur Ultima Ratio greift“. Das wäre der Abschuss des geschützten Tieres. Bislang ist es bereits einmal in Spiss gelungen, die Tiere zu „vergrämen“, betonte Bärenbeauftragter Martin Janovsky. „Die Kollegen im Trentino, die mehr Umgang mit Bären haben, sagen: Seid nicht übernervös, Bären sind in der Jugend frecher, das wächst sich aus.“ Frei übersetzt: Aus so manchem Lausbub wurde noch ein ganz anständiger Erwachsener.

In der Nacht auf Donnerstag waren die Bären ruhig. Ein anderer Fall beschäftigte aber den Bärenanwalt. Es wurde nun ein gerissenes Schaf gefunden, das schon länger tot ist, aber nicht unbedingt den Bären angelastet werden kann. Ein DNA-Test soll das klären.