„Es ist mein Job, ich selbst zu sein“
Im Mai kommt der legendäre US-Songwriter James Taylor nach Imst. Die TT hat mit ihm über sein Leben und seine Lieder gesprochen.
Von Joachim Leitner
Innsbruck –James Taylors Musik klingt nach endlosen Highways, nach heruntergekommenen Imbissbuden, wo man seinen Burger mit wässrigem Kaffee hinunterspült und nach jenem etwas seltsam anmutenden Verständnis von Freiheit, das noch der größten Katastrophe einen Funken Hoffnung abtrotzen kann. Kurz: James Taylors Musik klingt nach Amerika. Vielleicht klingt sie auch nach dem, was sich Europäer als Amerika vorstellen. Jedenfalls hat der Beginn von Taylors Karriere viel mit dem – zugegeben – heillos verkitschten Bild zu tun, das Europäer von den Vereinigten Staaten zuweilen haben.
Als Paul McCartney Taylors erste Aufnahmen, die in Amerika so gut wie gar nicht wahrgenommen wurden, 1967 zufällig hörte, hielt er die darauf gespielten Lieder für Wiedereinspielungen traditioneller Folksongs. Als er herausfand, dass es sich ausschließlich um Eigenkompositionen eins knapp 20-Jährigen handelte, nahm der den Unbekannten unter seine Fittiche. Taylors zweites Album, das nicht weniger amerikanisch klingt, entstand im Swinging London der späten 60er-Jahre, in jenem Studio, das den Beatles zu zeitlosem Ruhm verholfen hat. „Eigentlich ist es fast unglaublich“, erinnert sich Taylor im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung, „ich war ein Niemand und plötzlich kommt McCartney und nimmt mich mit nach London. Ich glaube nicht, dass das heute möglich ist. Das Musikbusiness wirkt zurzeit auf mich, wie ein fetter Typ, der seine eigenen Füße nicht mehr sehen kann.“ Vielleicht ging das alles ein bisschen zu schnell für den 1948 in Bosten geborenen Taylor. Jedenfalls kam er ein Jahr später nicht nur mit einem neuen Album zurück in die Vereinigten Staaten, sondern auch mit einem ausgewachsenen Drogenproblem. „Ja, ich war süchtig. Diese Erfahrung hat die Musik, die ich mache, sehr geprägt. Ich musste mich ins Leben zurückarbeiten“, sagt Taylor heute. Kurz nach seiner Rückkehr aus England brach er sich bei einem Motorradunfall beide Arme. „Das war die Hölle, ich war psychisch und physisch ein totales Wrack. Ich zog mich total zurück und begann Songs zu schreiben. Ich fühlte mich wie ein Alien.“
In dieser Zeit entwickelte er den typischen Taylor-Sound, diese Kombination aus eingängigen (manchmal beinahe schon kitschig schönen) Melodien und sehr persönlichen, mitunter schonungslos ehrlichen Texten. Songs, wie „Carolina in my Mind“ oder „Sweet Baby James“, in denen das Abseitige und Monströse spielerisch leicht daherkommt. Songs, wie das unverwüstliche „You‘ve got a Friend“, das zwar aus der Feder seiner Freundin Carole King stammt, aber untrennbar mit ihm verbunden ist. Songs, die er noch heute beinahe täglich auf der Bühne singt. „Diese Lieder sind ein Teil von mir. Ohne sie würde etwas fehlen. Deshalb singe ich sie. Es ist mein Job, ich selbst zu sein. Natürlich hängen sie mir manchmal zum Hals raus, aber wenn ich sehe, wie das Publikum auf sie reagiert! Sie kommen zwar nicht nur, aber auch wegen dieser Songs in meine Konzerte.“
In den letzten Jahren machte Taylor nicht nur durch seine Musik (für die ihm kürzlich die „National Medal of Arts“ verliehen wurde) auf sich aufmerksam, sondern auch durch politisches Engagement. Er setzte sich für die Anti-Atomkraft-Bewegung ein, für Umweltschutz und für Barack Obama. „Ich tue das nicht, weil ich glaube, dass ich es als Prominenter tun muss, sondern weil es eine Bürgerpflicht ist,“ erklärt er. Für Obama würde sich der mittlerweile 64-Jährige auch in Zukunft bekennen. „Ich bin nicht mit allem, was er bisher getan hat, glücklich. Einiges hat mich sogar sehr zornig gemacht, aber ich sehe auch keine ernst zu nehmende Alternative zu ihm.“