Regierung brachte Mehrheit für Sparhaushalt zusammen
Nach einer tagelangen Zitterpartie hat die zurückgetretene niederländische Minderheitsregierung doch noch eine Mehrheit im Parlament für ihren umstrittenen Sparhaushalt zusammenbekommen.
Amsterdam – Drei kleinere Oppositionsparteien sagten am Donnerstag dem amtierenden Ministerpräsidenten Mark Rutte ihre Unterstützung für das Budget zu, das mit einer Senkung der Neuverschuldung auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts den europäischen Stabilitätspakt einhält.
„Damit können wir die Märkte beruhigen“, zitierte die Zeitung „De Volkskrant“ Finanzminister Jan Kees de Jager. Bis Montag muss die fünftgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone ihre Pläne der EU vorlegen.
An den Finanzmärkten, die Anfang der Woche sehr nervös auf das vorläufige Scheitern der Haushaltsverhandlungen reagiert hatten, dürfte die Einigung für Erleichterung sorgen. Ein Abweichen des eigentlich engen Verbündeten Deutschlands im Kampf gegen die europäische Schuldenkrise vom Konsolidierungskurs wäre ein beunruhigendes Signal - zumal auch andere europäische Regierung zunehmend wegen ihrer Sparvorhaben unter Druck geraten. Auf dem Spiel stand auch die Einstufung als besonders vertrauenswürdiger Schuldner mit der Top-Bonitätsnote AAA, die den Niederlanden hilft, günstig an den Anleihemärkten an Geld zu kommen.
Die Koalition aus Liberalen und Christdemokraten sicherte sich die Unterstützung der kleinen sozialliberalen Partei D66 sowie der ChristenUnie und der Grünen. Zusammen verfügen sie im Parlament über 77 der 150 Sitze. Bis zuletzt war die Zustimmung der Grünen, die zehn Abgeordnete stellen, unsicher. Unklar war zunächst, ob Rutte im Gegenzug für die Zusage der Oppositionsparteien Kompromisse eingehen musste.
Die Mitte-Rechts-Koalition war am Widerstand ihres bis vor einer Woche wichtigsten Verbündeten gescheitert. Der euroskeptische Rechtspopulist Geert Wilders, der nach der Wahl 2010 der Minderheitsregierung als Königsmacher seine Unterstützung zugesichert hatte, stellte sich nach 18 Monaten plötzlich quer und brachte das Kabinett zu Fall. Er sehe nicht ein, dass die Niederländer den Gürtel enger schnallen müssten, während sie gleichzeitig schuldengeplagte Länder wie Griechenland unter die Arme greifen sollten, begründete er seine Haltung. Rutte zog die Konsequenzen und reichte den Rücktritt seines Kabinetts ein. Ein neues Parlament soll am 12. September gewählt werden.
Rutte will 14 bis 16 Milliarden Euro einsparen und so verhindern, dass die Neuverschuldung über die von der EU vorgeschriebene Marke von drei Prozent des BIP steigt. Dazu beitragen soll unter anderem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Punkte auf 21 Prozent. Zudem sollen Medienberichten zufolge Abgaben auf Tabak und Alkohol erhöht werden und die stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre beschleunigt werden. Ohne die Maßnahmen steuern die Niederlande auf ein Defizit von deutlich über vier Prozent zu. (APA/Reuters)