Die U-Ausschuss-Woche

Buwog-Deal: Scheinrechnungen, Insider-Tipps und „Manipulationen“

Der U-Ausschuss stand diese Woche ganz im Zeichen der umstrittenen Buwog-Privatisierung. Und er hatte es in sich: Die Zeugenbefragungen am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag brachten Überraschendes zu Tage und gaben tiefe Einblicke in den millionenschweren Deal. Von Scheinrechnungen, Insider-Tipps und möglichen Verwicklungen von Ex-Finanzminister Grasser war die Rede.

In der Causa Buwog, in der auch die Staatsanwaltschaft gegen Ex-Finanzminister Grasser sowie die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger ermittelt, geht es um den Verkauf von rund 60.000 Bundeswohnungen 2003/2004. Im Zuge der Privatisierung sind damals knapp 10 Millionen Euro an Provisionszahlungen vom erfolgreichen Bieter Immofinanz an Hochegger und Meischberger für „Vermittlungstätigkeiten bezahlt worden. Der Verdacht: Sie könnten Insiderinformationen von Grasser bekommen und an die Immofinanz weitergegeben haben.

Die Gelder sollen über Zypern auf drei Konten in Liechtenstein geflossen und laut Verdachtslage zu einem Teil auch Grasser zugekommen sein. Grasser weist alle Vorwürfe vehement zurück. Auch bei der Abwicklung der Privatisierung – den Auftrag erhielt das Investmenthaus Lehman Brothers – soll es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein.

Die „Highlights“ der U-Ausschuss-Woche:

Karl Petrikovics: Der Ex-Immofinanz-Chef sorgte am Donnerstag für Ausfehen. Er gestand ein, dass das Honorar für den Lobbyisten Peter Hochegger für Informationen zum Verkauf der Bundeswohnungen über Scheinrechnungen geflossen sei. Die Zahlungen in Höhe von 9,9 Mio. Euro flossen an Hocheggers Gesellschaft Astropolis auf Zypern. Auf Wunsch Hocheggers seien die entsprechenden Rechnungen für „einen anderen Rechnungszweck“ als die Buwog ausgestellt worden. Petrikovics sprach wörtlich von „Scheinleistungen“, die Rechnungsinhalte waren „erfunden“.

Petrikovics gab auch offen zu, dass Hocheggers Leistung vor allem darin bestanden habe, dass er der Immofinanz das finanzielle Limit des Konkurrenten CA Immo verraten habe. Diese Information erfuhr Walter Meischberger und gab sie über den Lobbyisten Peter Hochegger an die Immofinanz. Der Insider-Tipp führte dann dazu, dass das „Österreich-Konsortium“ um die Immofinanz letztendlich für 961,3 Mio. Euro den Zuschlag für die Buwog erhielt. Wobei das Angebot lediglich um 1,2 Mio. über jenem des Mitbewerbers CA Immo lag. Woher Grasser-Freund Meischberger bzw. Hochegger die für den Sieg bei der Vergabe so wichtigen Informationen aus dem eigentlich streng vertraulichem Bieterverfahren hatte, ist die noch ungeklärte Frage.

Martina Postl: Sie war Petrikovics‘ damalige Mitarbeiterin bei der Immofinaz und mit dem Buwog-Kauf befasst. Sie sagte am Donnerstag aus, dass diese entscheidende Information nur aus dem Finanzministerium stammen konnte, denn das sei „alles geheim gewesen“. Sie sei daher davon ausgegangen, dass Hochegger seine Provision „mit jemandem aus dem Finanzministerium teilen müsste“. Als Grund für diese Annahme nannte Postl die Tatsache, dass die Angebote „geheim“ waren und nur jemandem im Finanzministerium bekannt gewesen sein könnten.

Heinrich Traumüller: Der Ex-Kabinettschef von Grasser musste diese Woche gleich zwei Mal vor dem U-Ausschuss erscheinen. Wie Grasser selbst konnte er keinerlei Unregelmäßigkeiten in der Buwog-Causa erkennen. Einmal mehr verteidigte er die Privatisierung unter der Verantwortung seines früheren Ministers. Für deren Durchführung hatte die Investmentbank Lehmann Brothers den Zuschlag erhalten. Auf zahlreiche Fragen nach möglichen Unregelmäßigkeiten sagte Traumüller immer wieder: „Dazu habe ich keine Wahrnehmung“.

Traumüller verglich das Vergabeverfahren mit einem harten, aber fairen Ländermatch: „Wir haben die besten Investmentbanker der Wall Street eingeladen, es war wie Österreich gegen USA.“ Die Ländermatch-Euphorie war nach einigen beinharten Fragen bald verflossen. Traumüller sagte, dass seinen Notizen zufolge die CA-IB mit 6:3 Stimmen als Bestbieter den Auftrag hätte bekommen müssen -und nicht die US-Investmentbank Lehman. In der Nacht zum 6. September 2002 sei die Stimmung gekippt. Traumüller bestätigte, dass er Grasser das Ergebnis mitgeteilt habe. Tags darauf bekam Lehman den Zuschlag.

Josef Mantler: Der Spitzenbeamte im Finanzministerium sagte am Mittwoch im U-Ausschuss aus. Er bestätigte, dass eine entscheidende Sitzung der Vergabekommission zum Buwog-Verkauf vom Finanminister Grasser selbst abgesagt wurde. Und zwar just, nachdem der erste Bieterdurchgang ergaben hatte, dass nicht die Immofinanz sondern die CA Immo Bestbieter ist. Bei der abgesagten Sitzung hätte der Zuschlag für den Verkauf erfolgen sollen, stattdessen gab es daraufhin ein zweites Bieterverfahren zwischen CA und Immofinanz. Beim ersten Angebot sei die CA Immo um ca. 80 Millionen besser gelegen, bestätigte Mantler. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Peter Pilz, sprach deswegen von einer „glatten Manipulation“ durch Grasser.

Gottfried Efler: Der pensionierte Rechnungshof-Beamte sorgte am Mittwoch für Erstaunen, als er erzählte, dass alle Prüfungs-relevanten Unterlagen der Buwog-Causa bei Lehman in London gewesen sein müssten, „wo das alles nicht zugänglich ist“. Im Finanzministerium habe niemand gewusst, wo die Akten seien und was drin stehe, es seien keine Akten dagewesen. Er wisse nicht einmal, ob es die Akten gebe, angeblich sei auch viel mündlich gelaufen. Ministeriumsbeamter Josef Mantler habe gesagt, man habe die Sache ausdrücklich an eine Beratungsfirma übergeben, damit man mit dem Verkauf nicht befasst sei und auch nicht verantwortlich, behauptete Efler. Die Beauftragung eines fremden Büros sei aber nicht zweckmäßig gewesen, das Finanzministerium hätte qualifiziertes Personal gehabt, glaubt Efler.

Angesprochen auf die Sitzungen der Vergabekommission im September 2002, wo es über Nacht einen Meinungsschwenk von der Investmentbank CA-IB zu Lehman gegeben haben soll, sagte Efler, dieser sei für ihn „nicht erklärbar“ gewesen. Efler hob auch hervor, dass die Vergabe an Lehman sehr wohl vom RH geprüft worden sei, nämlich von ihm selbst. Warum dieser Teil im offiziellen Bericht nicht enthalten ist, wisse er nicht, aber „ich habe sehr vieles für‘s Altpapier geschrieben“. „Nur 20 Prozent, von dem was die Prüfer feststellen kommt seit dem letzen Präsidentenwechsel in die Berichte“, legte Efler nach.

Klaus Requat: Der frühere Geschäftsführer der österreichischen Investmentbank CA IB hat am Dienstag aufhorchen lassen. Er sprach von Hinweisen auf eine mögliche Manipulation der Auftragsvergabe für die Buwog-Privatisierung. Die CA IB hatte sich 2002 um die Abwicklung der Privatisierung beworben, unterlag aber trotz eines finanziell günstigeren Angebots der Investmentbank Lehman Brothers. Laut Requat gab es bereits im Vorfeld Informationen, dass Lehman den Auftrag erhalten würde - und zwar durch Lehman-Subunternehmer Karlheinz Muhr, einen Freund von Karl-Heinz Grasser.

Requat gab an, ein oder zwei Tage vor den entscheidenden Sitzungen der Vergabekommission einen Anruf von Muhr erhalten zu haben. Dessen Angeben zufolge habe „das Ministerium“ dafür sorgen wollen, dass die CA IB den Auftrag nicht erhalten werde, sagte Requat. Er habe daraufhin eine Anfechtung der Vergabe in Aussicht gestellt, woraufhin Muhr eine Einbindung der CA IB in den Lehman-Auftrag angeboten habe. Requat geht davon aus, dass das Lehman-Angebot nur gemacht wurde, „um zu vermeiden, dass wir anfechten“: „Das ist mir in den 24 Jahren Geschäftstätigkeit in diesem Beruf kein zweites Mal passiert.“ (tt.com/APA)