Wenig Hoffnung: S&P-Ratingurteil drückt Renditen auf kritische Höhe
Standard & Poors hat Spaniens Kreditwürdigkeit erneut schlechter bewertet. Diese Einschätzung passt zur Innenansicht. Erst kürzlich sprach der spanische Haushaltminister von einer „äußerst heiklen“ Phase für sein Land.
Madrid – Spaniens Wirtschaft liegt am Boden. Es gibt keine Jobs und der Ausblick für die nahe Zukunft ist düster. Die Banken des Landes stöhnen unter dem Druck der europäischen Schuldenkrise. Sparpakete des Landes führen kaum zu Besserung. Im Gegenteil: Vieles, was der Staat seinen Bürgern aufgebürdet hat, erweist sich nicht nur für die Menschen, sondern für das ganze Volk als fatal.
Und dann gibt es da noch die Ratingagenturen. Standard & Poors ( http://www.standardandpoors.com ) sorgte am Freitagvormittag für ein abruptes Comeback der EU-Krise, zumindest in den Köpfen der Anleger, aber auch der Bürger der EU.
Es gebe erhebliche Risiken für das Wirtschaftswachstum und das Budget, erklärten die Bonitätswächter am Donnerstagabend. S&P setzte den Ausblick auf negativ und senkte die Bewertung auf BBB-plus von zuvor A. Es sei möglich, dass das südeuropäische Land dem Bankensektor erneut unter die Arme greifen müsse. Die Agentur erklärte, sie glaube zudem nicht, dass die Arbeitsmarktreformen unter dem Strich in absehbarer Zeit Jobs schaffen würden.
Fatales, aber berechtigtes Urteil
Am Tag der Herabstufung hat Spanien keine Argumente, um diese als ungerechtfertigt, willkürlich oder gar unfair zu bewerten. Die Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy stemmt sich mit einem strikten Sparkurs gegen die Krise. Am Mittwoch billigte das Parlament ein 27-Milliarden-Euro-Sparpaket. Rajoy sagte am Mittwoch, der Sparetat werde zur Erholung der spanischen Wirtschaft beitragen. „Allerdings werden die positiven Effekte sich nicht kurzfristig einstellen.“
Doch gerade der Zeitfaktor spielt gegen Spanien. Heute musste das Land bekannt geben, dass fast jeder vierte Spanier keinen Job hat. Die Arbeitslosenquote stieg im ersten Quartal auf 24,4 Prozent, teilte das Statistikamt am Freitag in Madrid mit. Ende 2011 lag sie noch bei 22,9 Prozent. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Anstieg auf 23,5 Prozent gerechnet. Spanien hat die mit Abstand höchste Arbeitslosenquote in der Europäischen Union.
Wankender Bankensektor
Neben dem Arbeitsmarkt und dem Staatsschuldenstand, existieren noch erhebliche Risiken im Banken- und Finanzsektor Spaniens. Am Mittwoch forderte der IWF Reformen im Bankensektor. Die größten Banken des angeschlagenen Eurolandes erscheinen zwar ausreichend kapitalisiert, um einer weiteren Verschlechterung der Konjunktur zu trotzen. Aber das Finanzsystem insgesamt sei noch zu anfällig, heißt es in einem am Mittwoch in Washington veröffentlichten Bericht von IWF-Mitarbeitern nach einem Besuch in Spanien.
„Die Begutachtung bestätigt die Notwendigkeit, die Reformstrategie für den Finanzsektor fortzusetzen und zu vertiefen“, teilte der Weltwährungsfonds mit. Ziel müsse es sein, „die verbleibenden Anfälligkeiten anzugehen und starke Kapitalpuffer zu bauen“.
Die Probleme im Bankensektor würden zwar derzeit durch Restrukturierungen verringert, aber „die Fähigkeit, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen, schwanken innerhalb des Systems erheblich.“ Der Finanzsektor gilt als große Achillesferse der spanischen Wirtschaft.
Renditen für Staatsanleihen steigen
In Folge des Downratings stiegen die Renditen auf Staatsanleihen deutlich an. Damit wird die Kreditfinanzierung der Schulden für Spanien deutlich teurer.
Spanien sieht sich selbst in der Euro-Krise in einer „äußerst heiklen“ Phase. Das Land sei derzeit „extrem anfällig“, sagte Haushaltsminister Cristobal Montoro am Dienstag, kurz vor dem Beschluss des 27-Milliarden-Paketes.
Der Haushalt 2012, der massive Einschnitte vorsieht, ziele darauf, „das Vertrauen gegenüber der spanischen Gesellschaft zurückzuholen, das Vertrauen unserer europäischen Partner gegenüber Spanien“, sagte Montoro. Der Haushalt sei der mit den größten Einsparungen seit dem Ende der Diktatur in Spanien. Er beinhalte das, „was nötig ist, damit Spanien diese Krisensituation überwindet“.
Das Down-Rating durch S&P am Ende der turbulenten Woche in Spanien kann so auch als Misstrauensvotum gegen die Sparanstrengungen der Regierung gewertet werden.