Piaggio X10: Ein Auto auf zwei Rädern
Das neue Flaggschiff der GT-Reihe war längst fällig, um am heiß umkämpften Markt der Großradroller mitreden zu können.
Von Alexander Farkas
Wien –Große Roller sind gefragter denn je, der Verkehrsinfarkt in den Städten und nicht zuletzt die hohen Spritpreise treiben immer mehr vom Auto aufs (deutlich günstigere) Zweirad. Das weiß man natürlich auch bei Piaggio, dem größten Hersteller von Rollern in Europa, und man hat nun mit der X10 den längst überfälligen Nachfolger der schon betagten X9 präsentiert.
Wie immer ist den Italienern eine elegante Linienführung gelungen, die die Herkunft aus dem Süden Europas nicht verleugnen kann. Die auffallende Front ist durch ein zusammenlaufendes Lichtelement geprägt, das die X10 beim Einschalten der Abblendlichter und der V-förmigen LED-Tagfahrlichter äußerst schnittig wirken lässt. Von hinten wirkt die X10 mit dem eckigen, sehr markanten Heck mit schmalen LED-Rückleuchten fast wie ein zweirädriges Auto. Das Cockpit ist sehr klassisch mit rundem Tachometer und Drehzahlmesser ausgestattet, ein rechteckiges Digitaldisplay und die Lenkerarmaturen sind wie bei einem Auto hintergrundbeleuchtet.
Schon die erste Sitzprobe ist durch einen Wohlfühlfaktor gekennzeichnet. Eine bequeme Sitzbank und ungewöhnlich breite und lange Trittbretter erlauben auch auf längeren Strecken eine frei wählbare Sitzposition. Zusätzlich kann der Trennpolster zwischen Fahrer- und Beifahrerteil der Sitzbank verstellt werden. Im Fahrbetrieb im Pariser Wahnsinnsverkehr wird schnell klar, dass der vornehmlich für Touren konzipierte Großroller auch hier seine Qualitäten unter Beweis stellen kann. Schnelles Losbeschleunigen bei der Ampel sowie Dahinzuckeln im Schritttempo zwischen Autokolonnen, aber auch schnelle Spurwechsel sind möglich, ohne sich dabei eine Sekunde unwohl zu fühlen. Für ein Gefährt mit einem Radstand von mehr als 1,6 Metern ist die X10 äußerst wendig. Auch das eigens von Piaggio konzipierte ASR zeigte uns auf nassem Kopfsteinpflaster, dass man auch beim raschen Umdrehen des Gasgriffes keinerlei Angst haben muss, dass sich das Hinterrad selbstständig macht. Für Puristen besteht auch die Möglichkeit, es auszuschalten. Auch das kombinierte Bremssystem mit ABS lässt bei der Verzögerung wenige Wünsche offen.
Bei der Motorisierung kann der X10-Käufer zwischen zwei Hubräumen wählen. Der komplett neu entwickelte Einzylinder der 350-ccm-Ausführung besitzt eine Leistung von 33,3 PS bei einem Drehmoment von 32,3 Nm mit einer stufenlosen Variomatik mit Drehmomentwandler, bei einem Gewicht von 216 Kilogramm ist man ansprechend motorisiert. Die 500er-Version, die mit einem 40,8 PS starken Motor bei einem Drehmoment von 46,5 Nm ausgeliefert wird, ist um knapp 30 Kilo schwerer, besitzt aber ein etwas aufwändigeres Fahrwerk. Sie ist mit einem Monostoßdämpfer hinten mit elektronisch einstellbarer Federvorspannung bestückt, während die 350er mit zwei herkömmlichen Federbeinen auskommen muss.
Preislich liegt die 500er mit 8650 Euro im guten Mittelfeld, als Einführungsangebot ist sie um knapp acht Tausender zu haben. Ebenfalls zur Einführung wird die 350er um knapp sechs Tausender gehandelt, danach werden um fünf Hunderter mehr auf die Theke des Händlers zu blättern sein.