Natur

Und täglich fliegt der Bleistift: Hausaufgaben-Betreuung extrem

Rund drei Viertel der Tiroler Eltern lernen mit ihren Kindern für die Schule, für viele wird die Betreuung der Hausaufgaben zur täglichen Zerreißprobe. Ein Kurs verspricht Abhilfe.

Von Michaela Spirk-Paulmichl

Innsbruck –Die meisten Eltern von Schulkindern kennen diese Situation: Wenn am Nachmittag die Hausaufgaben anstehen, dann sind Machtkämpfe von Seiten der Kinder und Frust bei den Eltern vorprogrammiert. Auch Heike Aberham aus Neustift im Stubaital kann leidige Geschichten von Wutausbrüchen und Türenknallen erzählen – und von einem Bleistift, der mindestens einmal täglich über den Tisch flog. Die Situation eskalierte regelmäßig. „Bei der Hausübung hat es eigentlich immer Schwierigkeiten gegeben“, erzählt sie. Dabei würden die Aufgaben nicht einmal benotet.

„Es geht darum, dass Lukas sie macht und er sich dabei bemüht. Seit ich das weiß, sehe ich die ganze Sache etwas entspannter.“ Trotzdem habe sie immer die künftige Schulkarriere ihres Sohns im Hinterkopf: „In der dritten Klasse Volksschule entscheidet sich schon, ob er ins Gymnasium kommen wird. Da hat man als Mutter schon das Gefühl, helfen zu müssen. Sogar dann, wenn es der Lehrerin bei den Hausaufgaben eigentlich darum geht, ob die Kinder den Stoff auch verstanden haben.“

Eltern haben das Bedürfnis, ihre Kinder zu unterstützen, sie sorgen sich um deren Zukunft, die unmittelbar mit einer ausreichenden Bildung verbunden ist. In Tirol lernen knapp die Hälfte aller Mütter und ein Viertel aller Väter regelmäßig mit ihren Kindern und sind dabei vielfach überfordert. Frust und Ängste werden auf die Kinder übertragen. Für Schüler, die Lernschwächen aufweisen, wird der Alltag in der Schule und zu Hause zum Dauerstress. „Die andauernde Erfahrung, die geforderte Leistung nicht erbringen zu können, kann zu psychosomatischen Symptomen, negativen Überzeugungen und Erwartungen bezüglich der eigenen Leistungsfähigkeit führen“, sagen Anja Bleiker, Volksschullehrerin und Kindergartenpädagogin, sowie die Pädagogin Andrea Scheiber.

Unangemessenes Verhalten, Ängste und Konflikte in der Familie können die Folge sein. Die Pädagoginnen bieten einen Kurs für Eltern an, die als fürsorgliche Wissensvermittler häufig zum Scheitern verurteilt sind: „Mit Kindern lernen“ vermittelt Strategien, wie sie ihre Kinder optimal unterstützen können – entspannt, ohne nervenaufreibende Machtkämpfe.

Dabei geht es um eine in der Schweiz bereits weit verbreitete Methode (www.mit-kindern-lernen.ch), die Kurse werden dort über die Schulen organisiert, Räume zur Verfügung gestellt. „Es geht um Praktiken, wie Kindern effektiv geholfen werden kann. Ziel ist, sie in die Selbständigkeit zu führen“, sagt Anja Bleiker. Im Mittelpunkt stehen eine Lücken- und eine Verhaltensanalyse. „Wie werden Lücken geschlossen, so dass sich für das Kind wieder Lernerfolge ergeben? Manchmal genügen zehn zusätzliche Minuten pro Tag, um Versäumtes nachzuholen.“ Die Verhaltensanalyse konzentriert sich darauf, Machtkämpfe zu beenden. „Das Kind soll nicht für sein falsches Verhalten belohnt werden.“ Angesprochen werden Eltern von Volksschulkindern.

Es sind einfache Rezepte, die Heike Aberham seit einiger Zeit konsequent anwendet: Fliegt der Bleistift, hat Lukas noch eine Chance auf die Hilfe seiner Mutter. Hält er sich nicht daran, steht sie auf. Schlechtes Verhalten wird nicht belohnt. Hält er sich dagegen daran, gibt es Lob. „Es hilft wirklich, seither läuft alles viel harmonischer ab.“

Für Interessierte findet am 3. Mai, 19 Uhr, ein Informationsabend im Leopoldinum in Hall, Straub-straße 7, statt.