Buhlen um Stimmen der extremen Rechten - Sarkozy holt auf
Hollande will die Zahl der Fremdarbeiter begrenzen. Sarkozy kann in Umfragen leicht aufholen.
Paris - In Frankreich konzentriert sich der Präsidentschaftswahlkampf vor der entscheidenden zweiten Runde ganz auf die Stimmen der Wähler der Rechtsaußenpartei „Front National“ (FN), für deren Chefin Marine Le Pen im ersten Durchgang nahezu jeder fünfte Franzose votiert hat. Der konservative Amtsinhaber Nicolas Sarkozy ist laut Meinungsforschern darauf angewiesen, dass ihn 80 Prozent der Le-Pen-Wähler in der Stichwahl unterstützen, um seinen sozialistischen Herausforderer Francois Hollande bezwingen zu können.
Wahlempfehlung für Muslime
Von gut einem Viertel der 6,4 Millionen Le-Pen-Wähler wird angenommen, dass es sich der Stimme enthalten wird. Etwa ein Viertel dürfte Hollande wählen, nämlich Angehörige von Arbeiterschichten, die früher traditionell links gewählt haben. Im „Front National“ wird unterdessen damit gerechnet, dass die bürgerliche Regierungspartei UMP („Union für eine Volksbewegung“) nach einer Niederlage Sarkozys auseinanderbrechen und Le Pen dann die Führung der Opposition übernehmen wird.
Sarkozy griff am Donnerstag einen Bericht auf, wonach rund 700 Moscheen den Gläubigen ein Votum für Hollande empfohlen haben sollen. Mehrere muslimische Führungspersönlichkeiten bestritten die Existenz einer solchen Empfehlung. Hollande sprach im Radiosender France-Info von „Lügen und Verwechslungen“. Die Zeitschrift „Marianne“ hatte auf ihrer Internetseite berichtet, dass muslimische Vertreter in mehreren Großstädten zu einem Votum gegen Sarkozy aufriefen.
de Villepin „erschreckt“ das Sarkozy-Werben
Hollande hat eine „Begrenzung der ökonomischen Zuwanderung“ als „absolut notwendig“ bezeichnet. Im Falle seines Wahlsiegs am 6. Mai werde er jedes Jahr die Bedürfnisse Frankreichs an Arbeitskräften vom Parlament quantifizieren lassen. Der frühere sozialistische Parteichef kündigte auch an, dass er gegen die Schlepperbanden ankämpfen werde, die illegal Arbeitskräfte ins Land bringen.
Den ehemaligen Premierminister Dominique de Villepin „erschreckt“ das Werben des amtierenden Präsidenten um die Stimmen der Wähler der extremen Rechten. In einem Beitrag für die Pariser Tageszeitung „Le Monde“ (Samstag-Ausgabe) kritisierte der frühere Regierungschef insbesondere die von Sarkozy vor der Stichwahl gegebenen „Garantien an den Extremismus“. Den Wählern riet Villepin, am 6. Mai an Frankreich zu denken und „daran, was es immer als Bestes gehabt hat, seine Werte des Respekts, der Würde, des Humanismus“.
„Marine Le Pen ist wählbar geworden“
Der „Front National“ verdanke den starken Zuspruch in erster Linie den in der Bevölkerung verwurzelten Ängsten vor der Globalisierung und einer Islamisierung sowie ihrer Kritik an der Europäischen Union, meint der Historiker Pierre-André Taguieff, der sich als Rassismus-und Antisemitismus-Forscher einen Namen gemacht hat. „Marine Le Pen ist in den Augen der Bürger wählbar geworden, weil sie sich der dominierenden Themen bemächtigt und den neofaschistischen Diskurs aufgegeben hat“, so Taguieff.
Die „Nationale Front“ habe unter Marine Le Pen einen Wandel von einer rechtsextremen zu einer „nationalpopulistischen“ Partei durchgemacht, die nicht mehr gegen die liberale pluralistische Demokratie agitiere und mit dem Antisemitismus kokettiere. „Früher war der FN eine Gefahr für die Demokratie, aber er war gänzlich marginalisiert. Heute ist er viel gefährlicher für die französische Gesellschaft, weil er im Begriff ist, die Parteien, die er bekämpft, zu penetrieren“.
Sarkozy kann in Umfrage leicht aufholen
Eineinhalb Wochen vor der Entscheidung bei der Präsidentenwahl in Frankreich liegt der konservative Amtsinhaber Nicolas Sarkozy in Umfragen zwar weiter hinter seinem sozialistischen Herausforderer Francois Hollande.
Allerdings hat Sarkozy um zwei Prozentpunkte aufgeholt und liegt jetzt bei 46 Prozent der Wählerabsichten. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Instituts CSA hervor, die am Freitag veröffentlicht wurde. Demnach könnte Hollande in der Stichwahl am 6. Mai mit 54 Prozent der Stimmen rechnen. (APA/dpa/AFP)