Breite Front gegen Windpark zieht vor Verwaltungsgericht Bozen
Ein Rekurs gegen den Beschluss zum Windpark Brenner wurde in Bozen hinterlegt.
Bozen/Innsbruck - Eine breite Front von Organisationen aus dem Umweltschutzbereich sowie die Gemeinde Gries am Brenner ziehen gegen den Beschluss der Südtiroler Landesregierung vor Gericht, die Errichtung von 19 Windkraftanlagen am Sattelberg in der Gemeinde Brenner zu genehmigen. Die Landesregierung hatte bei der Beschlussfassung die wesentlichen, von Fachleuten aufgeworfenen Umweltaspekte unberücksichtigt gelassen und grünes Licht für den Bau eines Windparks im alpinen Gelände gegeben.
Der geplante Windpark am Sattelberg in der Gemeinde Brenner wäre eine der größten alpinen Baustellen in dieser Höhenlage und ein enormer Eingriff. Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, der AVS, der CAI Alto Adige und die Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und Vogelschutz Südtirol haben über den WWF Italia daher einen Rekurs beim Bozner Verwaltungsgericht hinterlegt. Den Beschluss der Landesregierung fechten auch die Gemeinde Gries am Brenner und der Oesterreichische Alpenverein an.
Stellungnahmen fußen auf Studien und Gutachten
Obwohl die Öffentlichkeit in Österreich und Italien und die öffentlichen Rechtsträger in Österreich ihre eingebrachten Stellungnahmen auf Fachliteratur, Studien oder spezifisch erstellte Fachgutachten ihrer zuständigen Dienststellen stützen, hat die Südtiroler Landesregierung ausschließlich ihre eigene Fachkenntnis bemüht, ohne die beschlossene Abweichung vom abschließenden Gutachten des UVP-Beirates mit Hilfe zusätzlicher Fachgutachten zu begründen.
Die Bedenken des UVP-Beirats, welche zu einem negativen Gutachten geführt hatten, konnten so in keiner Weise entkräftet werden.
Bedenken werden einfach vom Tisch gewischt
Der Beschluss der Landesregierung weist zahlreiche inhaltliche Mängel auf. Er enthält beispielsweise keine klaren Angaben zum Winterbetrieb und zur Winterwartung der Anlagen (Erreichbarkeit des Gebietes) - die Landesregierung hält lediglich fest „die Windkraft eignet sich dazu, die in den Wintermonaten verminderte Stromproduktion aus Wasserkraft auszugleichen“. Die Bedenken zu den Auswirkungen auf den Vogelzug werden einfach vom Tisch gewischt. In den erteilten Auflagen wird jedoch festgehalten, dass während der Bauphase eine Radaranlage zu installieren sei, um den Vogelzug zu erfassen und zu analysieren. Dass ein relevanter Aspekt sogar noch während der Bauphase überprüft werden muss untermauert die Vermutung, dass die positive Beschlussfassung seitens der Landesregierung entgegen dem negativen UVP-Gutachten ohne vollständige Sachverhaltsermittlung erfolgt ist.
Tierpopulationen wurden nicht berücksichtigt
Die Auswirkungen auf die Populationen streng geschützter Brutvögel und auf ein Natura-2000-Gebiet auf Nordtiroler Seite wurden mit der Begründung es gebe keine nennenswerten Auswirkungen erst gar nicht untersucht.
Wesentliche Kritikpunkte sind somit die Verletzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, der Vogelschutzrichtlinie sowie die Verletzung der Vorgaben des Landesjagdgesetzes, welches vorsieht, entlang der von den Zugvögeln benutzten Routen Wildschutzgebiete auszuweisen.
Es stellt außerdem einen groben Verfahrensmangel dar, wenn ein Beschluss der Landesregierung nachträglich „integriert“ wird, ohne dass dies noch einmal durch das Gremium der Landesregierung genehmigt wird.
Überprüfungsausschuss der Alpenkonvention wurde eingeschalten
Im konkreten Fall sind zwischen der Beschlussfassung durch die Landesregierung (24.10.2011) und der Ausfertigung und Veröffentlichung des Beschlusses (14.02.2012) beinahe 4 Monate verstrichen. Offenbar wurde diese Zeit genutzt, um die Begründung des Beschlusses zu erstellen bzw. zu „verfeinern“. Tatsache ist jedenfalls, dass die Landesregierung im Februar nicht mehr über den endgültigen Beschlusstext befunden hat.
Erstmals in der Geschichte wird sich auch der Überprüfungsausschuss der Alpenkonvention auf Antrag des Club Arc Alpin - des Dachverbands der alpinen Vereine - mit der Causa Sattelberg beschäftigen. Diesem Kontrollorgan obliegt die Überprüfung der Einhaltung der aus der Alpenkonvention resultierenden Verpflichtungen.
Die Rekurswerber erinnern die Südtiroler Landesregierung an deren Beschluss vom 21. Februar 2011, in dem von einem Verbot von Windkraftanlagen in Südtirol die Rede war. Als einzige mögliche Ausnahme wurde damals das Projekt Sattelberg genannt, für den Fall, dass dieses von allen Instanzen positiv begutachtet werden sollte.
Eine positive Begutachtung aller Instanzen hat es aber nie gegeben.
Unter diesen Voraussetzungen ist die Vorgehensweise eine Provokation gegenüber dem Land Tirol und den Wipptalern, sowie allen anderen Institutionen, die sich mit dem Projekt beschäftigt haben.
Die Rekurswerber sind überzeugt, dass das Verwaltungsgericht ihrer Argumentation folgen und die Aussetzung und Aufhebung aller relevanten Verwaltungsakte fordern wird, welche im Zusammenhang mit dem Projekt stehen und dem Gutachten des UVP-Beirats widersprechen. (TP/OTS)