Künstliche Befruchtung für Lesben beschäftigt Koalition
Verfassungsgerichtshof prüft das geltende Befruchtungsverbot. Justiz- und Gesundheitsministerium haben eine Arbeitsgruppe eingerichtet.
Wien –Im Vorfeld der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) über das Verbot der künstlichen Befruchtung für lesbische Paare und alleinstehende Frauen haben Gesundheits- und Justizministerium eine Arbeitsgruppe zur Fortpflanzungsmedizin eingerichtet. Die Beratungen würden noch im Mai starten, sagte Gesundheitsminister Alois Stöger gegenüber der Presse.
In der ÖVP sieht man, wie berichtet, keinen Bedarf für eine Änderung des Fortpflanzungsgesetzes. Die SPÖ hingegen hatte sich zuletzt erfreut darüber gezeigt, dass die Bioethikkommission sich in ihrer Stellungnahme an den VfGH für die Zulassung künstlicher Befruchtung für Homosexuelle ausgesprochen hatte.
So nannte es Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) höchst an der Zeit, dass das Fortpflanzungsverbot für lesbische und alleinstehende Frauen fällt. Sie begrüßte daher die klare Empfehlung der Bioethikkommission, die sich für die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung für alleinstehende und lesbische Frauen ausgesprochen hat.
Stöger will zumindest in Ansätzen ein Abrücken der apodiktischen Position der Volkspartei erkennen. Justizministerin Beatrix Karl (VP) sei „immerhin bereit“ gewesen, die genannte Arbeitsgruppe einzurichten, sagte der Minister. Er selbst kann sich weitreichende Reformen im Familienrecht vorstellen, um die Elternrolle von Homosexuellen zu stärken.
Im Fortpflanzungsmedizingesetz wurde anlässlich der Einführung der Eingetragenen Partnerschaft für homosexuelle Paare quasi sichergestellt, dass sich diese nicht per künstlicher Befruchtung Nachwuchs anschaffen: „Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig“, heißt es dort. Der Oberste Gerichtshof beantragte nun beim Verfassungsgerichtshof, dies als verfassungswidrig aufzuheben: Argumentiert wird mit mehreren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Dieser betont u. a., dass das Recht „ein Kind zu bekommen und sich zur Erfüllung des Kinderwunsches die Errungenschaft der Fortpflanzungsmedizin zunutze zu machen“ zu den geschützten Rechten in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) zählt.
Die herrschende österreichische Bestimmung könnte eine mögliche Diskriminierung für gleichgeschlechtliche Paare sein, meint der OGH.
Ein lesbisches Paar, das laut Rechtsanwalt Helmut Graupner in Deutschland die eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen und später nach Oberösterreich gezogen ist, will über eine Samenspende ein Kind bekommen und versucht diesen Wunsch nun rechtlich durchzusetzen. Ein entsprechender Antrag wurde vom zuständigen Bezirksgericht abgewiesen, das Landesgericht bestätigte die Abweisung.
Der Antrag des OGH ist vor zwei Wochen beim VfGH eingelangt. Bereits anhängig ist außerdem ein Individualantrag zum gleichen Thema, ebenfalls von dem Paar. Wann es eine Entscheidung geben wird, ist derzeit nicht abschätzbar.
Sollte der VfGH den Anträgen folgen, würde das Verbot der medizinisch unterstützten Fortpflanzung für homosexuelle Paare fallen. Rechtsanwalt Graupner freut sich jedenfalls über den Beschluss des OGH, der „bahnbrechend“ sei. „Wegweisend“ ist der Antrag auch für Peter Traschkowitsch, den Bundesvorsitzenden der SoHo (Sozialdemokratie und Homosexualität). (TT)