Weltpolitik

Medwedew an Ukraine: „Inakzeptabel“

Auch die deutsche Bundeskanzlerin Merkel erwägt wegen des Falls Timoschenko einen Boykott der Fußball-Europameisterschaft.

Moskau, Berlin –Nach dem Westen erhöht auch Russland den Druck auf die Ukra­ine. Mit scharfen Worten hat der russische Präsident Dmitri­ Medwedew den Umgang mit Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko kritisiert. Die Inhaftierung der Oppositions­führerin sei „völlig inakzeptabel“ und werfe einen tiefen Schatten auf das Nachbarland, sagte Medwedew bei einem Treffen mit Menschenrechtlern in Moskau.

Harte Bandagen seien in der politischen Auseinandersetzung normal. Aber das rechtfertige nicht die Inhaftierung direkter Rivalen nach einem politischen Prozess, wurde der Kremlchef am Sonntag von der Agentur Interfax zitiert. Die Situation in der Ukraine sei „höchst befremdlich“.

Russland hatte bereits zuvor massiv Kritik am Timoschenko-Prozess geäußert, die wegen angeblich ungünstiger bilateraler Gasverträge zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war. Moskau sieht den Fall der 51-Jährigen auch als Druckmittel der Führung in Kiew, neue Gasverträge mit günstigeren Preisen auszuhandeln.

Der mögliche Boykott deutscher Spitzenpolitiker gegen die Ukraine konkretisiert sich unterdessen: Laut einem Medienbericht erwägt Bundeskanzlerin Angela Merkel­ (CDU) einen Boykott der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine. Sollte Julia Timoschenko nicht freigelassen worden sein, will Merkel nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel ihren Ministern empfehlen, fernzubleiben.

Allenfalls für Sportminister Hans-Peter Friedrich könne­ eine­ Ausnahme gelten­. Friedrich­ hat bereits angekündigt, er werde am Spiel Deutschland gegen die Nieder­lande in Charkow nur teilnehmen, wenn er vorher die dort inhaftierte Timoschenko besuchen könne.

In Kiew forderte Oppositionspolitiker Vitali Klitschko indes eine schnelle Aufklärung der Bombenserie mit 30 Verletzten in Dnjepropetrowsk. „Bis wann wollen Sie den Ukrainern und den westlichen Freunden, die zur Fußball-EM kommen wollen, eine klare Antwort über den Schuldigen geben?“, fragte der Boxer bei einer TV-Debatte den Vizegeheimdienstchef Wladimir Rokitski­. In Dnjepropetrowsk, der Heimatstadt Timoschenkos­, waren am Freitag vier Bomben explodiert. Die Hintergründe gelten weiter als unklar. (APA, dpa, TT)