Ein Jahr nach Osamas Tod ringt Al-Kaida um Einfluss
Das Terrornetzwerk Al-Kaida hat sich vom Tod seines Anführers am 2. Mai 2011 und dem Arabischen Frühling noch nicht erholt.
Washington –Das Foto ging um die Welt. US-Präsident Barack Obama im „Situation Room“ im Weißen Haus, umringt von Vertrauten, den Blick starr auf eine Videoleinwand gerichtet. Der Friedensnobelpreisträger ist live dabei, wie Spezialeinheiten in Pakistan Terrorchef Osama bin Laden töten. „We got him“, sagt Obama nach der Aktion. Und: Die Welt sei ein besserer Ort geworden. Vor allem bei den Arabern hat Osamas Terrornetzwerk seither an Popularität verloren – die Ausnahme ist der Jemen.
„Unser Anführer ist tot, aber seine Ideologie lebt weiter“, tönten die Al-Kaida-Terroristen nach Osamas Tod. Doch bin Ladens Tod hat eine große Lücke in dem von ihm geknüpften Terrornetzwerk hinterlassen hat.
Sein ehemaliger Weggefährte und Nachfolger, Eiman al-Sawahiri, füllt die Rolle als Anführer der Internationale des islamistischen Terrors nicht aus. Zwar ist der Ägypter vom gleichen Hass auf westliche Politiker und „ungläubige“ arabische Potentaten erfüllt wie sein Vorgänger. Doch dem Ägypter fehlt das Charisma des Millionärssohns bin Laden. Zum Verführer der Jugend taugt er daher weniger.
In den ersten Monaten nach bin Ladens Tod häuften sich in den Onlineforen der militanten Islamisten Nachrufe auf „Scheich Osama“, meist begleitet von finsteren Rachedrohungen. Doch inzwischen sind die meisten Dschihadisten zur Tagesordnung übergegangen. Vor allem, da 2011 neben dem Tod ihres Anführers eine zweite Zäsur mit sich brachte, von der sich die Bewegung bis heute nicht erholt hat: den Arabischen Frühling.
Zwar sind die Islamisten in Nordafrika insgesamt im Aufwind – allerdings handelt es sich dabei nicht um die Sorte Islamisten, die Wahlen als „unislamisch“ ablehnt und lieber Sprengstoffgürtel präpariert. Einzig im Jemen profitieren Terroristen vom Aufstand des Volkes gegen das alte Regime. Im Süden des Landes gibt es inzwischen mehrere Städte, aus denen die Vertreter der Staatsmacht vertrieben wurden. Dort weht jetzt die schwarze Fahne von Al-Kaida. (dpa, APA, TT)