Gesellschaft

Geheimnisverrat im Vatikan - Fünf Kardinäle befragt

Symbolfoto
© REUTERS/Rossi

Der beschuldigte Kammerdiener von Papst Benedikt XVI., Paolo Gabriele, hat seine fünfte Nacht in Haft verbracht. Unterdessen wurden fünf Kardinäle wurden von der Kommission befragt.

Rom – Der schwelende Enthüllungsskandal im Vatikan zieht weitere Kreise. Fünf Kardinäle wurden von der Kommission befragt, die vom Papst zur Klärung der Affäre eingesetzt wurde, berichtete die römische Tageszeitung „La Repubblica“ am Dienstag. Gegen die Kardinäle laufen jedoch keine Ermittlungen. Die Kommission will klären, wer der Auftraggeber im Enthüllungsskandal sei. Weitere Festnahmen in der Affäre werden im Vatikan nicht ausgeschlossen. „Der Papst verfolgt eine Strategie der vollen Transparenz. Er ist sich der heiklen Situation bewusst, die die römische Kurie erlebt“, kommentierte der vatikanische Pressesprecher, Pater Federico Lombardi, nach Angaben italienischer Medien.

Kammerdiener traf seine Anwälte

Der beschuldigte Kammerdiener von Papst Benedikt XVI., Paolo Gabriele, der am Donnerstag im Zuge eines seit Wochen schwelenden Enthüllungsskandals festgenommen worden war, hat seine fünfte Nacht in Folge in einer Zelle im Vatikan verbracht, in der er sich seit seiner Festnahme befindet. Er habe ein langes Gespräch mit seinen Rechtsanwälte Carlo Fusco und Cristiana Arru geführt. Das Gespräch sei sehr positiv verlaufen, berichtete der vatikanische Pressesprecher, Pater Federico Lombardi, am Dienstag. Eine offizielle Vernehmung des 46-Jährigen sei Ende dieser Woche, oder Anfang der nächsten geplant. Bisher sei gegen Gabriele lediglich der Vorwurf des erschwerten Diebstahls erhoben worden.

Lombardi erklärte, dass die vom Papst mit der Aufklärung des Skandals beauftragte Kommission aus drei pensionierten Kardinälen noch mit der Befragung einiger Personen beschäftigt sei, die für die Untersuchung nützliche Informationen liefern könnten. Lombardi wollte Presseberichte nicht bestätigen, nach denen im Rahmen der Untersuchung fünf Kardinäle befragt worden seien. Der Pressesprecher dementierte außerdem entschieden, dass weitere Verdächtige festgenommen worden seien.

Der Vatikan-Sprecher betonte, der Skandal belaste den Papst, da ihm der Kammerdiener nah stand. „Der Papst hofft, dass die Wahrheit ans Licht kommt“, meinte der Pressesprecher. Die Affäre sei eine harte Probe für Benedikt XVI. und die Kurie. „Niemand hätte sich eine derartige Situation vorstellen können. Wichtig ist, dass sich Gabriele zur Zusammenarbeit mit der Justiz entschlossen hat“, kommentierte Lombardi.

Gabriele wird mit Videoanlagen überwacht

Laut Medienberichten hat Gabriele die Zelle verlassen, in der er sich seit seiner Festnahme befand. Er wurde in eine andere Zelle in der vatikanischen Kaserne eingesperrt, in der er mit Videoanlagen stets zu überwachen sei. Der Kammerdiener bat um Bücher.

Die Weitergabe vertraulicher Informationen beschäftigt den Heiligen Stuhl, seitdem der italienische Journalist Gianluigi Nuzzi angebliche Geheimdokumente aus dem Vatikan veröffentlicht hat. In einem Buch mit dem Titel „Sua Santita“ (Seine Heiligkeit) publizierte er nach eigenen Angaben „Geheimpapiere von Benedikt XVI.“. Dazu gehören Briefe und Faxe sowie Gesprächsvorlagen für den Papst. Unter anderem wurde ein internes Vatikan-Memorandum für ein Treffen des Kirchenoberhauptes mit dem italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano abgedruckt.

„Im Vatikan ist nicht nur ein Krieg zwischen rivalisierenden Gruppen von Kardinälen im Gange. Hier geht es um eine tiefgründigere Frage. Der Unmut gegen die Untransparenz des Systems wächst. Auch die Ermittlungen gegen Gabriele sind absolut geheimnisumwoben. In Italien darf niemand länger als 72 Stunden lang inhaftiert werden, ohne dass die Vorwürfe offizielle bekanntgegeben werden“, kommentierte Nuzzi.

„Wenn man in einem westlichen Land eine Person verhaften würde, weil sie den Medien wahre Informationen vermittelt hat, würden sofort Unterschriftensammlungen für ihre Befreiung beginnen. Das geschieht leider nicht im Vatikan“, sagte Nuzzi. Hintergrund des Enthüllungsskandals sei eine Kampagne gegen den vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Tarcisio Bertone. Nuzzi zeigte sich mit Gabriele und seine Familie solidarisch. (APA)