Syrien

Protest gegen Massaker: Weltweit Botschafter Syriens ausgewiesen

Nach Kanada, Deutschland und Großbritannien hat jetzt auch die USA den syrischen Botschafter des Landes verwiesen.

Washington - Nach dem Massaker im syrischen Houla (Al-Hula) haben weltweit zahlreiche Staaten die Botschafter Syriens ausgewiesen. Mit dem konzertierten Schritt, die Beziehungen drastisch herunterzufahren, leiteten die Regierungen in Washington, Canberra, Ottawa, Paris, London, Rom, Madrid, Berlin, Amsterdam und Sofia eine neue Phase des internationalen diplomatischen Drucks auf die Führung in Damaskus ein. Der UN-Sonderbeauftragte Kofi Annan äußerte indes am Dienstag in einem persönlichen Gespräch mit Präsident Bashar al-Assad seine tiefe Besorgnis über die anhaltende Gewalt in Syrien und forderte ihn nachdrücklich zur Umsetzung des vereinbarten Friedensplans auf.

Annan forderte von Assad in Damaskus mutige Schritte zur Beendigung der Gewalt. Ansonsten werde sein Friedensplan keinen Erfolg haben, sagte der frühere UN-Generalsekretär nach Angaben eines Sprechers. Obwohl eine friedliche Lösung des Syrien-Konflikts nach dem Massaker in Houla mehr als fraglich zu sein scheint, ist die vorherrschende Meinung immer noch, dass der UN-Friedensplan die derzeit einzige Hoffnung für Syrien ist.

Syrische Opposition fordert UN-Militäreinsatz

Der Syrische Nationalrat als wichtigstes Oppositionsbündnis begrüßte die Ausweisungen. Zugleich rief er die internationale Gemeinschaft in einer Erklärung auf, „alle diplomatischen Verbindungen“ zur Führung in Damaskus zu kappen. Den UN-Sicherheitsrat forderte der Nationalrat auf, eine Resolution nach Kapitel VII (der UN-Charta) zu beschließen, die den „Einsatz von Gewalt“ gegen Regierungstruppen und regierungstreue Milizen legitimiere.

Anders als alle anderen EU-Mitgliedstaaten kann Österreich den syrischen Botschafter nicht ausweisen. Da Österreich gleichzeitig auch UNO-Sitz sei und der syrische Botschafter in Österreich, Bassam Sabbagh, in Personalunion auch als Botschafter bei der UNO fungiere, könne Österreich diesen bilateral nicht des Landes verweisen, teilte das Außenministerium am Dienstag auf Anfrage der APA mit.

Erdogan: „Die Geduld hat ihre Grenzen“

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte das Massaker an Zivilisten in Houla scharf. „Die Geduld hat ihre Grenzen, und ich hoffe, dass gilt auch für die Geduld des Weltsicherheitsrates“, zitierten türkische Medien den Regierungschef.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte indes in einem Telefonat mit Annan, dass alle Seiten in Syrien die Gewalt ohne Aufschub stoppen sollten. Russland und China gelten als Blockierer bei scharfen Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates zu Syrien.

108 Tote bei „Sammelhinrichtungen“

Bei dem Massaker von Houla waren die meisten der mehr als hundert Opfer laut UNO bei zwei getrennten „Sammelhinrichtungen“ getötet worden. Das Massaker an mindestens 108 Menschen in der syrischen Kleinstadt Houla hatte weltweit für Entsetzen gesorgt. Was genau am Freitag passierte, war nach wie vor unklar. „Es sieht so aus, als ob ganze Familien in ihren Häusern erschossen wurden“, sagte ein Sprecher des UN-Büros für Menschenrechte in Genf. Überlebende hätten Ermittlern der Vereinten Nationen berichtet, die meisten der 108 Opfer seien von regierungstreuen Milizionären erschossen worden.

Weniger als 20 seien durch Artillerie- und Panzerbeschuss zu Tode gekommen. Bei knapp der Hälfte der Toten handle es sich um Kinder. Möglicherweise seien sogar noch mehr Menschen getötet worden. Entsprechende Berichte lägen vor.

Regierung bestreitet Taten

Die Regierung in Damaskus hatte am Montagabend bestritten, irgendetwas mit dem Massaker in Houla zu tun zu haben, bei dem Ende voriger Woche 108 Männer, Frauen und zahlreiche Kinder getötet worden waren. Die Regierungstruppen hätten in der Region auch keine schweren Waffen stationiert. In dem Gespräch mit Annan verwies Assad laut einem Bericht des staatlichen syrischen Fernsehens einmal mehr auf „terroristische Gruppen“, die im gesamten Land mittlerweile häufiger töteten und auch mehr Menschen entführten. Im syrischen Fernsehen hieß es, dass Staaten, die „Terroristen“ finanzierten, Unterschlupf gewährten und bewaffneten den Plan Annans befolgen müssten. Die syrische Führung erklärt seit Monaten, Terroristen schürten die Gewalt. Laut syrischem Staatsfernsehen machte Assad zudem die Opposition für die Gewalt verantwortlich.

Annans Plan für eine Waffenruhe war bereits vor sechs Wochen in Kraft getreten, die Gewalt hält aber an. In Syrien tobt seit etwa 14 Monaten ein Aufstand gegen die Regierung, bei dem mehr als 10.000 Menschen ums Leben gekommen sind. (APA/Reuters/AFP/dpa)