Tilak verteidigt beschuldigten HNO-Chef nach Anklageerhebung

Sie sehe kein schuldhaftes Fehlverhalten, wolle aber dem Gerichtsverfahren nicht vorgreifen, sagte die ärztliche Direktorin bei einer Pressekonferenz.

Innsbruck – Nach der Anklageerhebung gegen den Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO) wegen des Verdachts des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen hat sich die Tilak (Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH) hinter den Beschuldigten gestellt. Sie sehe kein schuldhaftes Fehlverhalten, wolle aber dem Gerichtsverfahren nicht vorgreifen, sagte die ärztliche Direktorin, Alexandra Kofler, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.

„Beherztes Eingreifen“ des HNO-Chefs

Der erstbeklagte Oberarzt hingegen wurde scharf kritisiert. Dieser habe „eigenmächtig und unkalkulierbar“ und „entgegen der Vereinbarung mit dem Patienten“ während des Eingriffs die Operationsmethode verändert, meinte Kofler. Der Oberarzt habe statt einer „schonenden Laser-Methode“ eine „antiquarische Methode mit einem Elektromesser“ angewandt, erläuterte sie. Bei Krebspatienten sei die einzige Lebenschance die radikale und vollständige Entfernung des Tumors. „Durch die Methode mit dem Elektromesser ist der Tumor nicht vollständig entfernt worden“, sagte die ärztliche Direktorin. Entsprechende Histologien seien „schwarz auf weiß da“.

Erst durch das „beherzte Eingreifen“ des zweitbeklagten HNO-Chefs habe der Tumor vollständig entfernt werden können. Aufgrund des Vorgehens des Oberarztes sei jedenfalls ein „großer Vertrauensverlust“ entstanden. Dieser dürfe daher seit Sommer 2009 nur mehr unter Aufsicht behandeln. „Wir haben mehrfach versucht, Brücken zu schlagen. Aber er hat auch nichts zur Aufklärung beigetragen“, bemängelte Kofler.

Beiden Ärzten drohen Freiheitsstrafen

Der Anklage gegen die beiden Ärzte liegt eine Operation im März 2009 zugrunde. Dem Erstangeklagten wird laut Staatsanwaltschaft Innsbruck angelastet, den Eingriff „ohne eigene genaue Untersuchung des Patienten und ohne Rücksprache mit den behandelnden Ärzten durchgeführt“ zu haben. Zudem habe er nicht den vorgesehenen Operationsweg gewählt.

Dem zweitangeklagten HNO-Chef, der in weiterer Folge den Eingriff übernommen habe, wirft die Anklagebehörde vor, „unnötigerweise auch gesunde Schleimhaut entfernt und durch nicht fachgerechte Verwendung eines Meißels beim Patienten eine Unterkieferfraktur verursacht zu haben“. Wegen des Schleimhautverlustes würde der Patient seither an einer funktionellen Störung der Zunge leiden. „Das ist kein Beweis für mich, ihn zu suspendieren. Das ist nicht ausreichend“, nahm Kofler den HNO-Chef in Schutz. Im Falle einer Verurteilung droht den beiden Angeklagten eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Einen Verhandlungstermin gab es vorerst nicht.

In 28 Fällen wurde ermittelt

Im Juni 2009 war der Staatsanwaltschaft Innsbruck eine Reihe von Patienten gemeldet worden, bei denen die angeblich nicht fachgerechte Durchführung der Operation zu verschiedenen Gesundheitsschädigungen geführt haben soll. Die Anklagebehörde nahm die Ermittlungen in insgesamt 28 Fällen auf und untersuchte, ob ärztliches Fehlverhalten vorliegt. Bei allen Operationen soll es sich um Tumorresektionen im Kopf-Halsbereich gehandelt haben.

Im Falle von 21 Patienten sei das Ermittlungsverfahren eingestellt worden, es liege „kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vor“, erklärte die Staatsanwaltschaft. Sechs weitere müssten noch genauer durch den Sachverständigen begutachtet werden. (APA)