Blaulichtfunk-Affäre

Eklat im U-Ausschuss wegen fehlender Akten

Aufregung im U-Ausschuss: Vor den Befragungen zur umstrittenen Vergabe des digitalen Blaulichtfunksystems „Tetron“ beklagten die Abgeordneten fehlende Akten aus dem Innenministerium. Die Zeugenbefragungen wurden gestrichen, auch die Sitzung am Freitag entfällt.

Wien - Der Untersuchungsausschuss wollte sich eigentlich ab Mittwoch dem dritten großen Themenkomplex - der Vergabe des digitalen Blaulichtfunk-Systems Tetron - widmen. Doch die Befragungen wurden nach der ersten Auskunftsperson - siehe auch http://go.tt.com/JUHspP - überraschend ausgesetzt. Alle Fraktionen haben geschlossen diese Entscheidung mitgetragen.

Auch die Sitzung am Freitag findet nicht statt, wie die Abgeordneten nach einer Fraktionsführersitzung erklärten. Grund ist Unmut unter den Fraktionen über fehlende Akten des Innenministeriums. Erst Dienstagnacht und Mittwochfrüh sind nach Angaben von Ausschussmitgliedern knapp 5000 Seiten an Unterlagen vom Innenministerium an das Parlament übergeben worden.

„Ausschuss-Sabotage“

Es fehlten „Unmengen an Akten“, so der Grüne Abgeordnete Peter Pilz am Mittwochvormittag. Nach einem entsprechenden Zeitungsartikel am Dienstagabend habe das Innenministerium noch einmal geprüft und sei draufgekommen, dass es noch zahlreiche Akten liefern müsse. Pilz ist sauer und will nun den zuständigen Abteilungsleiter oder Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) selbst in den Ausschuss laden. „Pflanzen lassen wir uns nicht.“ Grund für die Sache sei „schlicht und einfach Ausschuss-Sabotage“.

Auch der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner erklärte, dass wichtige Akten fehlen. Er wolle niemandem etwas unterstellen, aber er glaube nicht, dass dies Zufall sei. Eine seriöse Befragung sei bei Fehlen von Aktenteilen nicht durchführbar, kritisierte Petzner. Innenministerin Mikl-Leitner müsse sich nun in der Öffentlichkeit rechtfertigen.

Auch die ÖVP trug die Entscheidung „selbstverständlich“ mit, aber ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon sieht freilich keine Verantwortung bei der Ministerin selbst. Er sprach stattdessen von falschen Beurteilungen „von zwei Sektionen“.

Die zwei Auskunftspersonen Bernhard Krumpel, der im Kabinett des Innenministers für den Behördenfunk zuständig war und später Geschäftsführer bei Tetron wurde, sowie der ehemalige Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Erik Buxbaum, die schon auf ihre Aussage im U-Ausschuss gewartet hatten, wurden am Mittwoch nach Hause geschickt. In einer weiteren Geschäftsordnungssitzung werden nun Änderungen beim Zeitablauf der Zeugenladungen besprochen.

Ungeklärte Geldflüsse

Bei Tetron geht es um ein Projekt, das unter dem damaligen Innenminister Ernst Strasser (VP) vergeben wurde. Das abhörsichere und gruppenfunk-taugliche Kommunikationsnetz sollte ursprünglich von einem Konsortium aus Siemens, Raiffeisen und Wiener Stadtwerken errichtet werden. Allerdings zog das Innenministerium nach angeblichen Mängeln den Auftrag zurück und vergab ihn an eine Gruppe aus Motorola, Alcatel und Telekom Austria.

Warum die Republik trotz mangelhafter Vertragserfüllung 30 Mio. Euro Schadenersatz an das ursprüngliche Konsortium zahlte, ist bis heute unklar. Bei der Neuvergabe soll es zu ungeklärten Zahlungen von bis zu 3,7 Mio. Euro an den ÖVP-nahen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly gekommen sein, bezahlt von der Telekom und Motorola. Es gilt die Unschuldsvermutung. (tt.com, APA)