In den Untergang gebombt
Osama bin Laden, der die Welt erzittern ließ, ist grandios gescheitert, sagt einer seiner besten Kenner.
Von Christoph Mair
Innsbruck –Mit einer Kommandoaktion in der ruhigen nordostpakistanischen Stadt Abbottabad endete am 2. Mai 2011 für die USA die mehr als zehnjährige Jagd auf den Staatsfeind Nummer eins: Osama bin Laden, Führer der Al Kaida, Gesicht des weltweiten Terrorismus, ein Mythos für seine Anhänger, Dämon für die Gegner.
Aus dieser Umnebelung holt Autor Peter L. Bergen den Terrorpaten und seine Organisation in seinem Buch „Die Jagd auf Osama bin Laden“ heraus. Bergen, der selbst als einziger westlicher Journalist schon 1997 ein Interview mit bin Laden führen konnte, gilt als einer der besten Kenner der Al Kaida. Und er rechtfertigt diesen Ruf mit seiner „politischen Biografie“ Osama bin Ladens. Lässt die Verheißung einer „Enthüllungsgeschichte“ (so der Untertitel) zunächst vielleicht Zweifel an der Seriosität der Informationen aufkommen – es kursiert viel Nebuloses über das Leben bin Ladens –, so steht Bergens Analyse dank des Zugangs zu entscheidenden Dokumenten (auch aus bin Ladens Versteck) von der ersten Seite an auf einem guten Fundament.
Zwar gesteht auch der Autor den Jägern bin Ladens zu, dass es schwer war, ihn zu fassen, doch schon kurz nach den Anschlägen von 9/11, im Dezember 2001, hätte es die Möglichkeit gegeben, den Al-Kaida-Anführer bei den Kämpfen in den Bergen von Tora Bora zu fassen. Weil jedoch „mehr Journalisten als Soldaten“ zu diesem Zeitpunkt am Ort des Geschehens waren, konnte bin Laden fliehen und zehn Jahre untertauchen. Zehn Jahre, die den Niedergang der Al Kaida brachten bzw. beschleunigten. Denn der vermeintliche Sieg über die USA am 9. September 2001 sei für die Al Kaida das gewesen, was Pearl Harbour für Japan war, sagt Bergen. Dem Angriff folgte eine entfesselte Reaktion der Gegner, die die Kämpfer des Netzwerkes gnadenlos jagten, es dezimierten und so seine Kampfkraft schwächten. Zudem brach die Unterstützung einstiger Schirmherren weg, zuletzt hatte die Organisation arge finanzielle Probleme.
So blieb, bei gestiegener Angst vor Terrorismus, von seiner vermeintlich gefährlichsten Truppe nicht viel übrig. Dabei, und das zählt zum Interessantesten in Bergens Buch, darf man sich die Al Kaida auch nicht nur als schlagkräftige Kampfeinheit vorstellen, sondern als bisweilen recht behäbige, bürokratische Organisation mit Ausschüssen für Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit oder Landwirtschaft.
Diese Erhellungen und detaillierte Kenntnisse über bin Ladens alltägliche Lebensumstände bereichern das Buch.
Peter L. Bergen. Die Jagd auf Osama bin Laden, DVA, 368 Seiten, 20,60 Euro.