Schlecker vor dem Aus: Österreich-Tochter vor Rettung?
Am Freitag soll die Entscheidung fallen. Laut deutschen Medien sollen keine unterschriftsreife Investorenangebote vorliegen. Schlecker-Österreich-Firmenanwalt Lughofer bestätigte indes Gespräche mit mehreren Investoren.
Ehingen/Rungis - Eine Rettung der insolventen deutschen Drogeriekette Schlecker scheint immer unwahrscheinlicher. Abschlussreife Investorenangebote sollen nach dpa-Informationen weiter nicht vorliegen. Der „Südwest Presse“ zufolge ist beim Gläubigerausschuss am Freitag eine Entscheidung über die Abwicklung zu erwarten. „Das Urteil ist gefallen. Am Freitag (01. Juni) gibt es nur die Verkündung“, zitierte das Blatt am Mittwoch Branchenkenner - das würde auch das Aus für 14.300 Mitarbeiter bedeuten.
Schlecker-Österreich hat Zeit
Ein Sprecher der Insolvenzverwaltung sagte zu dem Bericht: „An dem vom Insolvenzverwalter am Freitag verkündeten Vorgehen hat sich rein gar nichts verändert.“ Am vergangenen Freitag hatte der Schlecker-Gläubigerausschuss die Entscheidung über die Zukunft des Unternehmens auf Freitag (1. Juni) verschoben und den Investoren eine letzte Chance eingeräumt, ihre Angebote nachzubessern.
Gibt es keinen Gesamtinvestor, fällt auch die Österreich-Tochter mit ihren 930 Filialen in die Insolvenzmasse. 3.000 Mitarbeiter müssen in Österreich um ihren Job bangen. Wolfgang Hrobar vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) sieht hingegen eine Vielzahl von Möglichkeiten für die Österreich-Tochter. Eine davon wäre, dass ein Investor den gesamten Betrieb in Österreich übernimmt oder auch nur Teile davon. Im Extrem-Fall müsste Schlecker-Österreich Insolvenz anmelden, sagte Hrobar gegenüber der Tiroler Tageszeitung Online (tt.com). Das würde aber noch einige Zeit dauern. Außerdem sei die Österreich-Tochter von der Gesellschaft in Deutschland unabhängig. Falls also am Freitag der Betrieb eingestellt werde, wären die Betriebe in Österreich nicht unmittelbar davon betroffen, meinte Hrobar.
Schlecker-Österreich-Firmenanwalt Klaus Ferdinand Lughofer erklärte gegenüber der tt.com, dass es ernsthafte Gespräche mit mehreren Investoren gebe und man auch mehr Zeit für die Investoren-Gespräche habe als in Deutschland. Auch wenn Schlecker-Deutschland am Freitag zerschlagen werde, habe dies keine direkten Auswirkungen auf die österreichische Tochter. Es werde also kein Insolvenzverfahren gegen Schlecker-Österreich geben, betonte Lughofer.
Frankreich-Tochter verkauft
Der größte Gläubiger und Kreditversicherer Euler Hermes will bei einem Schlecker-Aus die Schuld nicht auf sich nehmen. „Sollte diese Entscheidung fallen, dann gab es kein realistisches und tragfähiges Angebot der Investoren“, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa und bestätigte einen Bericht der „Südwest Presse“. Derzeit liefen noch „harte Verhandlungen“ zwischen Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz und den zwei verbliebenen Investoren. „Alle sind an einer konstruktiven Lösung interessiert, aber noch ist alles offen.“
Euler Hermes bestätigte dem Bericht zufolge, derzeit die Konzepte des Karstadt-Eigners Nicolas Berggruen und des US-Investors Cerberus Capital Management zu prüfen. Gegenüber der dpa wollte der Sprecher konkrete Investorennamen nicht bestätigen. „Für alle ist es das oberste Ziel, das Schlecker erhalten bleibt, die Voraussetzung ist aber ein belastbares Konzept.“ Es gehe auch um Summen, sagte der Versicherer der dpa mit Blick auf Forderungen. Euler Hermes hat Warenlieferungen an Schlecker von 300 Mio. Euro abgesichert. Der Beschluss über die Zukunft Schleckers hängt laut Experten von ihm ab.
Während es in Deutschland derzeit nicht gut für Schlecker aussieht, ist im Ausland das zweite Filialnetz über den Verkaufstisch gegangen. Die Tochterfirma Schlecker SNC ging an den französischen Lebensmittel-Einzelhändler Systéme U aus dem Ort Rungis bei Paris, wie ein Sprecher der Insolvenzverwaltung auf dpa-Anfrage sagte. Das Frankreich-Geschäft besteht aus 139 Filialen mit 750 Mitarbeitern, denen Systéme U eine attraktive Zukunftsperspektive bieten könne. Das Filialnetz soll unter den Marken und Konzepten des Einzelhändlers fortgeführt werden. Zuvor war das Tschechien-Geschäft verkauft worden. Damit rückt auch der angestrebte Gesamtverkauf der Schlecker-Gruppe in noch weitere Ferne.
Klagewelle belastet Suche
Die deutsche Gewerkschaft Verdi will an ein Aus nicht denken und forderte kurz vor Fristablauf einen Rettungsbeitrag von der Politik. Die Bundesagentur für Arbeit soll zwei Monate lang das Gehalt der Belegschaft zahlen - aus einem Sonderfonds. „Das gibt dem Insolvenzverwalter mehr Raum bei der Investorensuche“, sagte Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger der dpa.
Eine prompte Reaktion kam vom FDP-Bundestagsabgeordneten Lars Lindemann: „Auf Sondervorteile besteht weder ein rechtlicher noch ein sonst wie gearteter Anspruch“, sagte Lindemann. Die in so einem Fall vorgesehenen Leistungen seien in Form des Insolvenzgeldes erbracht worden. „Schlecker ist keine Schlüsselindustrie in Deutschland und hat keine strategische Bedeutung, dass damit ein Industriezweig untergeht.“ Zudem habe die Politik im Fall Schlecker auch nichts gut zu machen. Die Auffanglösung für rund 10.000 Mitarbeiter Ende März war auf Druck der FDP gescheitert - sie wurden gekündigt.
Ursprünglich wollte Geiwitz bis Pfingsten einen Investor finden. Doch der Plan scheiterte. Geiwitz senkte zwar die Verluste von Schlecker deutlich, doch Schlecker schreibt weiter rote Zahlen. Auch eine Klagewelle von tausenden gekündigten Schlecker-Mitarbeitern in Deutschland und das schwierige Image der Kette belasten die Investorensuche.
Und mit Verdi erreichte er bisher keine Einigung für einen angestrebten Sanierungsbeitrag. Verdi zufolge stimmten indes rund zwei Drittel der befragten Mitarbeiter einem dreijährigen Verzicht etwa auf Sonderzahlungen zu. Geiwitz hatte eine Senkung der Personalkosten um 15 Prozent gefordert; Verdi bietet 10,5 Prozent.
Am vergangenen Freitag hatten die größten Schlecker-Gläubiger Geiwitz eine letzte Galgenfrist von einer Woche gegeben, um einen Investor mit belastbarem Angebot zu präsentieren. Gelingt ihm dies bis Freitagvormittag (1. Juni) nicht, wird der Betrieb eingestellt und Vermögenswerte werden veräußert. (tt.com/APA/dpa)