Ukraine ohne Stressfaktor

In der Ruhe liegt die Kraft. Mit einer Topvorbereitung in Walchsee reist EURO-Gastgeber Ukraine heute ins Tivoli. Die Blochin-Elf wirkt entspannt.

Von Alex Gruber

Walchsee, Innsbruck –Wer der edlen „Seeresidenz“ in Walchsee einen Besuch abstattet, wird nicht zwangsläufig an den nahenden EURO-Start erinnert. Die Männer in Blaugelb, die kunterbunt und ohne allzu strenge Zeitvorgaben wieder einmal am Mittagstisch eintrudeln, lassen keine große Hektik vor dem wohl größten Heim­event aller Zeiten erkennen. Eine Vielzahl von Kamerateams und einen großen Medienauflauf suchte man auch einen Tag vor dem vorletzten EURO-Probegalopp am Innsbrucker Tivoli ebenso vergeblich wie eine offizielle Pressekonferenz. Zumindest eine 50-köpfige Delegation hat ihr Kommen für heute angesagt. Das wird der Ruhe in der EURO-Vorbereitung – am 5. Juni steigt in Ingolstadt (GER) der letzte Test gegen die Türkei – aber keinen Abbruch tun.

„Jeder weiß für sich selbst, um was es geht. Es steht ein ganz großes Ereignis für unser Land bevor“, nickt ein bestens gelaunter Andre Woronin nach dem Mittagstisch. Der 32-jährige Ex-Legionär aus der Deutschen Bundesliga (Gladbach, Mainz, Köln, Hertha, Leverkusen), der von 2007–2010 auch in der englischen Premier League beim FC Liverpool kickte, lässt absolut keine Unruhe erkennen. Rekordteamspieler Anatoli Timostschuk (115 Einsätze), bei Bayern Teamkollege von David Alaba, vertraut auch auf das Prinzip der Gelassenheit.

„Er weiß, was zu tun ist“, sagt Timostschuk. Und mit er ist niemand Geringerer als Oleg Blochin gemeint –der unumschränkte Boss, der am Ende seiner Karriere (1988/89) mit 36 Lenzen bei Vorwärts Steyr in der Österreichischen Bundesliga kickte. Um Blochin, der heuer am 5. November seinen 60. Geburtstag feiert, ranken sich einige Legenden. So soll Europas Fußballer des Jahres (1975 im Dress von Dynamo Kiew) als Sohn eines Verbandstrainers und einer Landesmeisterin im 80-Meter-Hürdenlauf mit rigorosen Mitteln erzogen worden sein: Stimmte die Leistung nicht, kam anscheinend kein Essen auf den Tisch. Lang ist’s her – wie die Hochblüte von Andrej Schewtschenko: der Champions-League-Sieger (AC Milan/2000) ist aber immer noch ein Joker der Extraklasse.