Nikolic als neuer Präsident Serbiens angelobt
Serbien hat wieder ein neues Parlament und einen neuen Staatspräsidenten. Nach den Wahlen vor drei Wochen ist die Volksvertretung am Donnerstag in Belgrad zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Der ebenfalls neu gewählte Staatschef Tomislav Nikolic legte vor den Abgeordneten seinen Amtseid ab und trat damit offiziell an die Spitze des Staates.
Belgrad – Der gewählte Präsident Serbiens Tomislav Nikolic ist am Donnerstag in dem zwei Stunden zuvor konstituierten Parlament angelobt worden. In seinem Amtseid hat sich Nikolic wie auch schon sein Amtsvorgänger Boris Tadic entsprechend der Verfassung dazu verpflichtet, sich mit seinen „ganzen Kräften der Wahrung der Souveränität und der Gebietseinheit der Republik Serbien, Kosovo und Metohija (Metochien) als ihr Bestandteil miteingeschlossen“ zu widmen. Die im Februar 2008 ausgerufene Unabhängigkeit des Kosovos akzeptiert Belgrad nicht.
Er wünsche sich ein Serbien, das im Kampf um eine bessere Zukunft endlich vereint sei, sagte Nikolic in einer kurzen Ansprache, in welcher er die „verantwortungslos durchgeführten Privatisierungen“ der letzten Jahre kritisierte, die Armut und Arbeitslosigkeit zur Folge hätten. Durch Korruption und Kriminalität sei Misstrauen der Bürger gegenüber staatlicher Institutionen entstanden. Medien befänden sich unter der Kontrolle der politischen Elite, kritisierte der neue Präsident. Sogar die Justizreform im Jahre 2009 sei von den Interessen der Parteien geleitet gewesen.
Außenpolitisch wünscht sich Nikolic ein Serbien mit Türen in Richtung Osten und Westen, dass zudem ein gleichberechtigtes Mitglied innerhalb der EU sein solle.
Der Chef der Serbischen Fortschrittlichen Partei (SNS) hatte sich mit 49,54 Prozent der Stimmen überraschend den Wahlsieg vor Tadic (47,31 Prozent) gesichert. Als erster Präsident in der Geschichte Serbiens hat der 60-jährige Nikolic in der Vorwoche seine Parteimitgliedschaft niedergelegt. Seine Amtszeit startet er aber auch im Schatten seiner langjährigen Spitzenfunktion innerhalb der extrem nationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) von Vojislav Seselj, der wegen Kriegsverbrechen vor dem internationalen Strafgerichtshof angeklagt wurde.
Nachdem sich Nikolic im Herbst 2008 von der antieuropäischen SRS getrennt hatte, änderte er seine politische Ausrichtung und gründete die proeuropäische SNS. In den letzten vier Jahren hat seine Partei als führende Oppositionskraft im Parlament jedoch kaum eines der Gesetze unterstützt, die im Einklang mit den EU-Normen erlassen worden waren. Die serbische Öffentlichkeit steht Nikolics Positionen daher skeptisch gegenüber, der neue Präsident wird seine proeuropäische Ausrichtung erst beweisen müssen.
Erst vor kurzem erregte Nikolic mit Äußerungen zu seinen früheren politischen Positionen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) für Aufsehen, als er erklärte, es gebe Träume, die nie in Erfüllung gingen. In Kroatien sorgte er mit Aussagen zur ostkroatischen Stadt Vukovar, die im November 1991 von jugoslawischen Truppen zerstört worden war, für Aufregung: „Dorthin haben Kroaten nicht zurückzukehren“, so Nikolic.
In den letzten zwei Wochen unterstrich Nikolic wiederholt, sich um gute Beziehungen mit den Nachbarstaaten - der Kosovo wird in Belgrad weiterhin als südserbische Provinz behandelt - zu bemühen. Zur feierlichen Amtseinweihung am 11. Juni hatte er angekündigt auch den kroatischen Präsidenten Ivo Josipovic einladen zu wollen. Mit dem kosovarischen Premier Hashim Thaci könne er dagegen nicht reden, da er in Belgrad „schwerer Verbrechen beschuldigt“ sei, hatte der serbische Präsident am Donnerstag erklärt.
Laut Verfassung hat der Präsident Serbiens keine großen Befugnisse. Er vertritt das Land im Ausland, verkündet Gesetze und schlägt dem Parlament den Premierminister vor. Gleichzeitig ist er oberster Befehlshaber der Streitkräfte. Serbische Experten rechnen damit, dass Nikolic versuchen wird, die Kontrolle des Präsidenten über den militärischen Geheimdienst auszuweiten. (APA)