Weltpolitik

„Europäer trauen sich nicht, über Ressourcenkriege zu sprechen“

Der Schweizer Konfliktforscher Daniele Ganser will der Öffentlichkeit bewusst machen, dass es sich bei den Kriegen in Irak, Libyen und Afghanistan um „Peak-Oil-Phänomene“ handelte.

Wien - Der Schweizer Daniele Ganser interpretiert die Kriege, die in den vergangenen 15 Jahren im Mittleren Osten und Nordafrika geführt wurden, als Kriege zur Aneignung von (fossilen) Ressourcen und fordert die europäischen Bürger auf, sich dessen bewusstzuwerden.

„Wenn wir den Irak-Krieg, den Afghanistan- und den Libyen-Krieg als Peak-Oil-Phänomene interpretieren, kommen wir zu gänzlich unterschiedlichen Schlüssen. Dann kommen wir auch drauf, dass der Rückgang der Erdölproduktion ein noch viel umfangreicheres Problem darstellt, als üblicherweise diskutiert wird“, sagte Ganser am Donnerstagabend am Rand einer in Wien stattfindenden Tagung.

„Peak-Oil-Kriege“ unter anderen Vorwänden

Der gelernte Historiker, der das „Swiss Institute vor Peace and Energy Research“ (Basel) leitet, nahm an einer Konferenz zum sogenannten Peak Oil teil. Auch europäische Staaten nähmen an diesen Ressourcenkriegen teil, „die man eigentlich Peak Oil-Kriege nennen sollte. Aber wir trauen uns fast nicht, darüber zu sprechen.“

Europäische Länder seien in unterschiedlichen Rollen und in unterschiedlicher Intensität Bestandteil der kriegführenden Koalitionen, in der Öffentlichkeit werde der Einsatz aber mit dem Kampf gegen Massenvernichtungsmittel oder einem Engagement für Demokratie argumentiert.

Er wolle nicht ausschließen, dass auch die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA im Kontext des zu Ende gehenden Öl-Zeitalters zu sehen seien, sagte Ganser. Neben der offiziell akzeptierten Version einer Verschwörung durch 19 Terroristen bestehe auch die Möglichkeit, dass die Anschläge bewusst zugelassen („LIHOP“) oder in den USA selbst inszeniert worden seien („MIHOP“) - mit dem Ziel das Land in einen Krieg zu führen.

„Österreich und Schweiz müssen sich zusammentun“

Kleine Länder wie die Schweiz und Österreich hätten ein vitales Interesse daran, „das Völkerrecht nicht auf dem Schlachtfeld zu opfern“ – und sei es nur weil sie nicht die Kapazität für derlei Kriege hätten. „Österreich und die Schweiz müssten sich zusammentun, die Ressourcenkriege ansprechen und sagen: Wir halten das für keine gute Lösung.“

Die einzigen Möglichkeiten seien „erneuerbare Energien und friedliche Konfliktlösung“. Es gebe in beiden Ländern ein beträchtliches Potenzial um Öl und Gas zu ersetzen - „im stationären Bereich. Ehrlicherweise muss man dazusagen, dass wir bei der Mobilität ein größeres Problem hätten“. (APA)