Die Vorleser am Achensee
Antworten auf Grass-Gedichte und noch nicht gedruckte Krimizeilen. Ein Besuch beim Probelauf der „Achensee.Literatour“.
Von Sabine Strobl
Achenkirch, Pertisau – Karl May hat ja schon 1897 am Achensee vorbeigeschaut. In den vergangenen Tagen traf sich eine illustre Runde von Autoren und einer Autorin am kühlen Bergsee, um den Probelauf der neuen Veranstaltung „Achensee.Literatour“ zu bestreiten. Der Wiener Essayist Franz Schuh und der heimgekommene Felix Mitterer zeigten am Donnerstag in dem vom Tourismusverband Achensee und der Agentur Promedia organisierten Literaturbündel, was ein literarischer Spagat ist (die TT berichtete). Am Freitag spannten Tierschützer Chris Moser und Romanautor Markus Köhle Bögen zum Thema Aktivismus.
Der Achensee ist schön, wenn es regnet. Auch das Boot hält sich gerade im Wasser. 125 Jahre Schifffahrt feiert heuer die Achensee-Region, Zigtausende Ausflügler lösen jährlich ein Ticket für eine Nostalgiebahn- und eine Bootsfahrt, weiß Tourismuschef Martin Tschoner. Nächstes Jahr, wenn die „Achensee.Literatour“ vom 23. bis 25. Mai ernst wird, soll eine Schiffslesung stattfinden, plant Organisator Steffen Arora. In Pertisau angekommen, verzichtet man an diesem Freitag auf die Strand-Lounge und beobachtet vom Hotel aus Regentropfen. Eigentlich hört man Christoph W. Bauer zu. Er liest aus seinem Gedichtband „mein lieben mein hassen mein mittendrin du“, der von Catull, dem berüchtigten römsichen Küssebeschreiber, und von der Band Die Toten Hosen inspiriert ist. Der Oberösterreicher Franzobel trägt eine vorläufige Version seines Gedichtes „Heulen nach Athen“ vor. Die Zeilen sollen kommende Woche in der Zeitung Die Zeit erscheinen. Mit Gedichten weiterer Autoren als Antwort auf die schon gefürchteten Verse des Nobelpreisträgers Günter Grass. Ouzo beiseite. Der Innsbrucker Autor Bernhard Aichner erzählt von seinem dritten Krimi „Leichenspiele“ um Totengräber Broll und meint, dass er nächstes Jahr eine Krimipause einlegen und eine Liebesgeschichte schreiben wolle. In Achenkirch zückt Krimilady Eva Rossmann beim mörderischen Fünfuhrtee das literarische Skalpell und greift auf ihr neues Buch vor, in dem es um Energiekonzerne und die „Macht über internationale Leitungen“ geht. Der Kitzbüheler Georg Haderer hat das Manuskript seines im August erscheinenden vierten Krimis um Major Schäfer mit. Der depressive Ermittler ist abgängig ...
Es hat aufgehört zu tröpfeln, man nimmt den Schal und denkt an 2013. Da wird das Publikum entscheiden, ob die Reihe das Zeug zum Erfolg hat. Die Tiroler Szene fand jedenfalls Platz. Größere deutschsprachige Verlage beabsichtigen laut Veranstalter einzusteigen.