„Es ist immerzu die ÖVP, die Koalitionen aufkündigt“
Grünen-Chefin Eva Glawischnig zeigt nach dem Ende von Schwarz-Grün in Graz der Volkspartei die Rote Karte.
Der schwarze Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl hat das Koalitionsabkommen mit den Grünen gekündigt. Ist dies ein Rückschlag für die Grünen, sich als verlässlicher Regierungspartner zu positionieren?
Eva Glawischnig: Mangel an Verlässlichkeit trifft wohl auf die ÖVP zu. Wenn man sich die politische Zeitgeschichte vor Augen führt, so wird man feststellen, dass hierzulande immerzu von der ÖVP Koalitionen aufgekündigt wurden. Die ÖVP schlittert in eine immer tiefere Krise, in Innsbruck etwa will überhaupt niemand mehr mit der dortigen Volkspartei koalieren. In der ÖVP werden in schwierigen Zeiten allzu schnell die Nerven weggeworfen. Das war auch in Graz so. Bei den Grünen hingegen wird vor dem Abschluss eines Koalitionspakts intern eine oft anstrengende basisdemokratische Debatte geführt. Aber wenn er dann beschlossen ist, dann hält er auch. Bei der Volkspartei, aber auch den Sozialdemokraten haben die Parteifunktionäre oft ein Problem mit den Beschlüssen der Parteivorstände. Und so etwas führt zu Spannungen.
Die strategische Politik der Grünen war bislang so angelegt, dass Koalitionen mit der SPÖ und der ÖVP vorstellbar sind. Kommt Ihnen mit der Krise der ÖVP ein Koalitionspartner abhanden?
Glawischnig: Es gibt in der ÖVP schon auch Lichtblicke. In Bregenz funktioniert die schwarz-grüne Zusammenarbeit sehr gut. In Oberösterreich dauert die erfolgreiche Zusammenarbeit nun schon zehn Jahre an. Aber auch auf Bundesebene gibt es mit einzelnen Akteuren eine sehr gute Zusammenarbeit: Ich denke an Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Aber mit einer Maria Fekter und einem Nikolaus Berlakovich ist eine Zusammenarbeit nur sehr schwer vorstellbar.
Aber Sie erkennen bei der ÖVP keine Bewegung hin zu den Grünen?
Glawischnig: Seit Michael Spindelegger gibt es eine Wegbewegung. Er hat einen konservativen, rückwärtsgewandten Kurs eingeschlagen. Spindelegger ist sicher nicht das Signal einer modernen, offenen ÖVP. Da war die Partei unter Josef Pröll schon viel weiter.
Und wie schaut es bei der SPÖ unter Werner Faymann aus?
Glawischnig: Was wir generell feststellen können, ist Folgendes: Wenn wir Neues – etwa im Verkehr – vorschlagen, haben SPÖ und Volkspartei damit Schwierigkeiten. Wenn man mit den Grünen zusammenarbeiten will, dann herrscht nicht Stillstand, sondern Bewegung. Aber vor der Bewegung haben SPÖ und ÖVP Angst. Dies war auch das Problem der Grazer ÖVP.
Sie haben die Politik in Innsbruck erwähnt. Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer hat sich bereits vor der Wahl für die Zusammenarbeit mit den Grünen ausgesprochen.
Glawischnig: Hut ab vor der Bürgermeisterin. Sie wäre das moderne Gesicht der ÖVP.
Das Gespräch führte Michael Sprenger