Stiefkind will Akzente setzen
Die beiden Frauen-Landesligen stehen oft für (zu) viele Tore und wenig attraktiven Fußball. Ein neuer Spielmodus soll das Niveau anheben – die Vereine bleiben skeptisch.
Von Benjamin Kiechl
Innsbruck –Manfred Plattner redet nicht um den heißen Brei herum: „Mädchenfußball ist ein Stiefkind in Tirol. In den Vereinen herrscht immer noch Skepsis“, sagt der stellvertretende Frauenreferent im Tiroler Fußballverband (TFV). Zwar gäbe es interessierte Mädchen, aber nur wenige Trainer wagen es, über den eigenen Schatten zu springen: „Die Frauen trainier‘ ich nicht“, bekommt Plattner laufend zu hören.
Warum diese Abwehrhaltung? „Das ist in den Vereinen so drinnen. Es herrscht kein Interesse“, sagt er kurz und bündig. Auch in den Schulen werde der Frauenfußball zu wenig forciert, im Jugendbereich sei das Interesse daher kaum der Rede wert: „Wir wissen noch gar nicht, ob wir im Herbst eine U 16-Meisterschaft zusammen bekommen“, seufzt Plattner.
Dass im Tiroler Frauenfußball nicht alles rund läuft, hat der TFV registriert. Die beiden Frauen-Landesligen stünden nach nur zwei Saisonen vor einem Umbau. „Auf Wunsch der Vereine – und damit die besseren Teams mehr gefordert werden“, begründet der Frauenreferent. Mit vier Sechsergruppen (je zwei im Osten und zwei im Westen) soll der sportliche Wert des Frauenfußballs steigen. Im Frühjahr wird ein Play-off ausgetragen und der Tiroler Meister gekürt. Die TFV-Pläne reichen noch einen Schritt weiter: „Im übernächsten Jahr wollen wir eine Tiroler Liga für Frauen einführen“, erklärt Plattner. Handball-Ergebnisse mit zweistelligen Trefferzahlen sollen damit eingedämmt werden. Denn: „Mannschaften, die ganz neu beginnen, zahlen viel Lehrgeld.“
Gegen Vomp, Stans, Arlberg oder Pitztal waren drei Punkte so gut wie fix. Zudem erwies sich ein chronisch zu klein bemessener Kader als Klotz am Bein. „Wenn sich dann noch jemand verletzt, wird es schwierig. Einige Spiele mussten wir sogar absagen, weil die Vereine nicht genügend Mädchen aufbieten konnten“, erinnert sich der TFV-Referent.
Trotzdem: Talentierte Einzelspielerinnen und eine gut zusammengespielte Mannschaft würden den Unterschied ausmachen. Bei Ballbehandlung und Spielübersicht seien einige Mädchen „gut drauf“. Isabell Gstrein (Längenfeld) hat sagenhafte 69 Saisontore auf ihrer Visitenkarte und führt in der Torschützenliste souverän. „Spielerinnen wie sie können die Partie entscheiden und sind mit den Männern durchaus gleichzustellen“, meint Plattner. Freilich: Körpereinsatz und Tempo seien ganz anders.
Sportlich mag der FC Wacker in Tirol bei den Damen klar die Nummer eins sein, Vorbildwirkung hätten die Schwarz-Grünen kaum. „Wacker ist bei den Frauenteams kein Thema“, sagt Plattner. Eher werde den männlichen Idolen nachgeeifert. Auch wenn die spielerische Qualität teilweise zu wünschen übrig lässt, gehen die Emotionen am Feld manchmal zu weit. Als Frauentrainer von Ried/Kaltenbach kann TFV-Referent Plattner ein Lied davon singen – im Derby gegen Hippach gehe es deftig zur Sache: „Wenn der Trainer seine Spielerinnen beauftragt, die Gegnerinnen zu zwicken, geht das für mich zu weit!“