Urteil in Ägypten

Prügeleien im Gericht: Ex-Präsident Mubarak zu lebenslanger Haft verurteilt

Ganz Ägypten wartete heute gespannt auf das Urteil im Prozess gegen Ex-Präsident Mubarak. Der Langzeitherrscher wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Staatsanwalt hatte die Todesstrafe gefordert.

Kairo - Ein Strafgericht in Kairo hat Ägyptens Ex-Präsident Hosni Mubarak wegen der Mitschuld an den tödlichen Schüssen auf mehr als 800 Demonstranten zu lebenslanger Haft verurteilt. Damit ist der 84-Jährige als erster arabischer Herrscher für seine Taten von der Justiz bestraft worden. Mubarak kann gegen das Urteil Einspruch einlegen. Die Staatsanwaltschaft hatte die Todesstrafe gefordert.

Zum Abschluss eines zehn Monate langen Prozesses erhielt auch der frühere Innenminister Habib al-Adli eine lebenslange Freiheitsstrafe. Dagegen sprach Richter Ahmed Refaat die Söhne Mubaraks, Alaa und Gamal, vom Vorwurf der Korruption frei. Die beiden bleiben aber in Untersuchungshaft, weil sie noch in weiteren Verfahren angeklagt sind.

Prügeleien und Tumulte im und vor Gerichtsgebäude

Im Gerichtssaal und vor dem Gebäude kam es nach der Urteilsverkündung zu Prügeleien und Tumulten. Die Polizei schritt ein, als Angehörige getöteter Demonstranten sowie Mubarak-Anhänger aufeinander losgingen.

Gegner Mubaraks reagierten auf das Urteil unterschiedlich. Einige brachen auf der Straße in Jubel aus oder knieten nieder. Andererseits riefen Angehörige von Opfern und die sogenannten Revolutionäre auch „ungültig, ungültig“.

In Kairo und mehreren weiteren Städten kam es zu Protestdemonstrationen. Die meisten Demonstranten in Kairo, Alexandria und Suez kritisierten, dass Mubarak nicht zum Tode verurteilt worden war. Sie protestierten auch dagegen, dass der Richter sechs ehemalige Funktionäre des Sicherheitsapparats freigesprochen hatte

Richter: Amtszeit Mubaraks eine „schwarze Ära“

Der Richter begann die Sitzung mit einer Ansprache, in der er die fast 30-jährige Amtszeit Mubaraks als „schwarze Ära“ und die sogenannte „Revolution des 25. Januar“ als „Morgenröte“ bezeichnete. Refaat sprach von einem fairen Prozess. Dagegen hatten nicht nur die Anwälte Mubaraks, sondern auch andere Juristen bemängelt, dass die Beweisführung nicht überzeugend gewesen sei.

Gegner des ehemaligen Staatschefs hielten im Gerichtssaal vor Beginn der Sitzung Bilder von Demonstranten hoch, die bei den Massenprotesten im vergangenen Jahr getötet worden waren. Der Prozess wurde vom staatlichen Fernsehen übertragen.

Das Gericht verurteilte dann Mubarak und Ex-Innenminister Habib al-Adli wegen ihrer Verantwortung für die tödlichen Schüsse auf mehr als 800 Demonstranten im Januar und Februar 2011. Al-Adli, der zu den meistgehassten Funktionären des alten Regimes gehört, hatte zuvor schon in einem anderen Prozess eine zwölfjährige Haftstrafe wegen korrupter Machenschaften erhalten.

Mubarak wollte Hubschrauber nicht verlassen

Bei der Urteilsverkündung in Kairo konnte sich Ägyptens Ex-Präsident Hosni Mubarak noch zusammenreißen. Doch als man den 84-Jährigen anschließend mit einem Hubschrauber zum Tora-Gefängnis flog, brach der ehemalige Langzeitmachthaber nach Angaben von Augenzeugen zusammen. „Sein Gesundheitszustand hat sich plötzlich sehr verschlechtert, weshalb ihn die Ärzte nach der Landung an Bord des Helikopters versorgen mussten“, sagte eine Augenzeuge. Mubarak habe den Hubschrauber nicht verlassen wollen und bitterlich geweint, verlautete aus Sicherheitskreisen.

Das staatliche Nachrichtenportal „Egynews“ zitierte einen Arzt, nach dessen Angaben Mubarak sehr schlecht auf die Nachricht reagiert habe, dass er nicht zurück in das Militärkrankenhaus gebracht worden sei. Dort hatte er die vergangenen Monate seiner Untersuchungshaft verbracht. Stattdessen wurde Mubarak zur Intensivstation des Tora-Krankenhauses geflogen. Im Tora-Gefängnis vor den Toren von Kairo waren einst viele politische Widersacher Mubaraks eingekerkert.

Mubarak wurde jetzt vom Vorwurf der Korruption freigesprochen, wobei ägyptische Juristen nicht ausschließen wollen, dass er demnächst noch in weiteren Korruptionsfällen angeklagt werden könnte, die bislang noch nicht von der Justiz aufgerollt wurden. (APA/dpa/AFP)