Zwangsumstieg: 120 Piloten und 221 Flugbegleiter verlassen die AUA
341 AUA-Bordleute wollen den Betriebsübergang der Fluglinie auf die billigere Regionalflugtochter Tyrolean nicht mitmachen und nahmen von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch.
Wien – Seit der AUA-Vorstand vor etwas mehr als einem Monat die umstrittene Auslagerung des Austrian-Flugbetriebs auf die billigere operierende Tochter Tyrolean eingeleitet hat, stand fest, dass Piloten und Kabinenpersonal der Austrian Airlines mit 1. Juli zu künftig schlechteren Bedingungen fliegen werden. Wer das ablehnte, konnte bis Samstagmitternacht innerhalb der Frist der „privilegierten Selbstkündigung“ seinen Abschied einreichen. Mit Anspruch auf Höchstabfertigungen - bei langgedienten Piloten sind das bis zu 550.000 Euro.
120 Piloten und 221 FlugbegleiterInnen der AUA entschieden sich zu gehen, wie die Airline am Sonntag mitteilte. Darunter etwa hundert so genannte AUA-Alt-Kapitäne und damit der Großteil jener AUA-Kapitäne, die nach dem ältesten und teuersten Kollektivvertrag entlohnt wurden. An ihre Stelle rücken nun entsprechend viele Copiloten in Warteposition nach. Ein Pilot hatte im letzten Moment seine Kündigung zurück genommen. Davor waren in den vergangenen Tagen bei Abschiedsszenen Tränen geflossen. Der Betriebsübergang wurde in einer Mitarbeiterabstimmung und in Betriebsversammlungen des fliegenden AUA-Personals zu mehr als 90 Prozent abgelehnt. Der Vorstand rückte von dem Vorhaben aber nicht mehr ab.
Insgesamt beschäftigt die Gruppe (AUA/Tyrolean) rund 1.000 Piloten und mehr als 2.000 FlugbegleiterInnen, davon bisher knapp 600 Piloten und 1.500 Flugbegleiter von Austrian. Der Auslagerung war ein monatelanger erbitterter Streit zwischen AUA-Management und Betriebsrat vorangegangen, der sich an den bevorstehenden Einschnitten in Vergütungs-, Arbeitszeit- und Pensionsprivilegien fürs AUA-Cockpit entzündet hatte.
Als Gerüchte die Runde machten, wegen des Betriebsübergangs würden bis zu 300 AUA-Piloten das Weite suchen, herrschte Sorge, der AUA-Flugbetrieb könnte im Sommer kollabieren. So viele wurden es nun nicht. Vorstandschef Jaan Albrecht bedauerte am Sonntag zwar die jetzigen Abgänge, sah sich aber in seinen Erwartungen bestätigt.
Betriebsübergang kostet 100 Millionen
100 Millionen Euro soll der Betriebsübergang die AUA an Einmalaufwendungen kosten. Auf der anderen Seite kann die AUA aber umfangreiche Pensionsrückstellungen in ihrer Bilanz auflösen. Die Fluggesellschaft macht seit Jahren Verluste. Für 2013 will Albrecht nun eine schwarze Null bzw. schon Gewinn erreichen. Dafür schließt er aber weitere Sparpakete nicht aus. Die Mutter Lufthansa knüpft weitere Unterstützungen für ihre österreichische Tochter an nachhaltige Sanierungserfolge.
Weil die Kollektivverträge fürs Bordpersonal sowohl bei der AUA (vom Vorstand) als auch bei Tyrolean (von der Gewerkschaft) aufgekündigt sind, will der Vorstand so bald wie möglich einen Konzern-Kollektivvertrag aushandeln. Dazu braucht er aber die Gewerkschaft, die die AUA fürs erste mit Klagen gegen den unter Juristen umstrittenen Betriebsübergang überzieht.
Die meisten der austretenden Mitarbeiter dürften im Juni noch Dienst an Bord versehen. In den sommerlichen Hauptverkehrsmonaten Juli und August werden vom Konzern aber schon alle Reserven mobilisiert, um die Austritte zu kompensieren. Auch die Mutter Lufthansa steht mit Crews und Fluggerät gegen drohende Ausfälle bereit. Ihren Sommerflugplan muss die AUA jetzt nicht ändern, hieß es heute.
Der Betriebsübergang auf Tyrolean ist ein radikaler Schnitt der Kürzung von Personalkosten. Die AUA-Chefs haben selbst aber schon eingeräumt, dass der haarigste Teil wohl der Kulturschock sein wird, der mit der Zusammenführung der bisher schon wenig harmonischen Belegschaften von AUA und Tyrolean unter einem Flugbetriebsdach sein wird. Fünf Jahre dürfte es schon dauern, bis sich da alle Wogen gelegt haben, heißt es. Allerdings dürften vor allem jungen Mitarbeitern alte Konflikte herzlich egal sein. Es gehe ja ums Überleben der Firma.
Einheitliche Uniformen
Ungeachtet von Existenzängsten haben in den letzten Wochen noch ganz andere Themen beschäftigt. Eines: Der Name. Alle sollen unter „Austrian“-Marke fliegen, eine dezidierte Namensänderung kommt trotz der Zusammenlegung des Flugbetriebs jetzt nicht. Ein anderes: Die Unterschiede bei den Uniformen. Von ganz neuen Uniformen für ihre Bord-Leute hat die AUA abgesehen. Vereinheitlicht werden ab 1. Juli nun aber Halstücher, Krawatten und Kapitänsstreifen. Halstücher und Krawatten werden für alle Bordleute silberfarben sein, die Streifen an den Jacken der Kapitäne und Co-Piloten werden einheitlich breit sein und ebenfalls „Silberstreifen“. Streifen mit Gold sind Geschichte. (APA)