Missbrauchs-Affäre spaltet Passionsspielort

Von Wolfgang Otter...

Von Wolfgang Otter

Thiersee –Seit öffentlich bekannt geworden ist, dass der verstorbene Pfarrer und Ehrenbürger von Thiersee Buben sexuell missbraucht haben soll, gehen im Passionsspieldorf die Wogen hoch. Viele fragen sich: Kann jemand, der solche Übergriffe getätigt hat, noch weiter Ehrenbürger eines Dorfes sein? Der Gemeinderat von Thiersee hat sich (wie berichtet) nicht dazu durchringen können, diese Frage zu beantworten. Der Tagesordnungspunkt wurde nach einer zweistündigen hitzigen Debatte im Gemeinderat mit 7:8 abgesetzt.

Wie nicht anders zu erwarten, war das für manche Betroffene zu wenig. Daher erwartet sich Bürgermeister Hannes Juffinger, dass in einer der kommenden Gemeinderatssitzungen das Thema neuerlich behandelt wird.

Viele Thierseer sind entsetzt über die Vorfälle, die sich vor 25 bis 30 Jahren ereignet haben sollen. Es gebe sogar Sportler, die für eine Ehrung der Gemeinde vorgesehen sind und nun darauf verzichten wollen, solange der verstorbene Pfarrer noch Ehrenbürger ist. Außerdem sei das Vertrauen in die Kirche derart schwer erschüttert, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr zum Ministrantendienst schicken, wie ein Thierseer wissen will.

„Bei der Fronleichnams­prozession waren an die 20 Ministranten mit dabei, ich glaube, das sagt alles“, weist Ortspfarrer Franz Wenninger derartige Gerüchte zurück. Er hatte nach dem Tod des beschuldigten Geistlichen 2009 die Pfarre übernommen. Und, wie er betont, auch sofort reagiert, als er von den Missbrauchsvorfällen erfahren habe, und die Vorwürfe an die Ombudsstelle der Erzdiözese weitergeleitet. Weiters will er sich nicht zum Fall äußern.

Bei der Ombudsstelle wurden die Vorwürfe bestätigt und Bischofsvikar Prälat Hans Reißmeier sprach vor zwei Wochen bei einem Gottesdienst in Thiersee ganz klar von sexuellem Missbrauch von Minderjährigen und entschuldigte sich namens der Erzdiözese dafür.

Es gebe Thierseer, die das nicht glauben können, „die können sich so etwas nicht vorstellen“, sagt der Bürgermeister. Aber auch Eltern, die sich schämen, dass sie ihren Kindern damals nicht geglaubt haben. Denn Gerüchte über die Neigung des Pfarrers habe es genügend gegeben.

Für Juffinger sei es kein Nachteil, dass vom Gemeinderat nicht gleich über die Absprechung der Ehrenbürgerschaft abgestimmt wurde. So könne sich die Stimmung abkühlen, bevor neuerlich diskutiert werde. Wie er persönlich abstimmen wird, lässt der Ortschef offen. Er erinnert aber daran, dass mit dem Tod an und für sich die Bürgerrechte ohnedies erlöschen.