Nobelpreisträger

Stiglitz über spanische Bankenrettung: „Kann nicht funktionieren“

Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz.
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Der Wirtschaftsnobelpreisträger kritisiert die Hilfsmilliarden für Spaniens Banken als „Voodoo-Ökonomie“. Die EU müsse sich vielmehr dem Kernproblem des lahmenden Wachstums stellen.

New York - Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hat das europäische Hilfsprogramm für Spaniens Banken als „Voodoo-Ökonomie“ kritisiert. „Das System ist: Die spanische Regierung rettet die spanischen Banken, und die spanischen Banken retten die spanische Regierung“, sagte Stiglitz in einem Reuters-Interview. Dies könne nicht funktionieren. Stattdessen müsse Europa die Schaffung eines gemeinsamen Bankensystems und einer Fiskalunion vorantreiben.

„Man muss sich dem zugrundeliegenden Problem stellen, und das ist: das Wachstum zu fördern“, sagte der frühere Wirtschaftsberater von Ex-US-Präsident Bill Clinton, der als scharfer Kritiker von Sparprogrammen gilt. „Deutschland hält daran fest, dass die Stärkung durch Haushaltsdisziplin kommt, aber das ist ein komplett falsche Diagnose“, warnte Stiglitz. Der Preis, den Deutschland für einen Zerfall des Euro zahlen müsse, sei höher als der Preis für die Rettung der Gemeinschaftswährung.

Spanien beantragt nach langem Widerstand nun doch Gelder aus den Euro-Rettungsfonds zur Rekapitalisierung seiner maroden Geldhäuser. Die Euro-Finanzminister erklärten sich bereit, dem Land bis zu 100 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Die Vereinbarung wurde am Wochenende besiegelt.

Anleihemarkt: Entspannung für Spanien und Italien

Zumindest kurzfristig sorgt dieser Schritt für eine Entspannung an den Finanzmärkten. Die Anleger reagierten zum Börsenstart am Montag mit Erleichterung auf die geplanten Hilfen. Der Dax legte zeitweise um 2,4 Prozent zu. Zu den größten Gewinnern im deutschen Leitindex zählten die Finanzwerte. Deutsche Bank und Commerzbank gewannen 3,7 beziehungsweise 5,2 Prozent.

Auch die Anleihemärkte Spaniens und Italiens haben mit starken Kursgewinnen reagiert. In der kurzen Laufzeit von zwei Jahren sank die Rendite für spanische Staatsanleihen erstmals seit über zwei Wochen unter die Marke von 4 Prozent. Ähnlich deutlich gab der Zins für italienische Papiere mit zweijähriger Restlaufzeit nach. Hier lag die Rendite bei etwa 3,7 Prozent. Auch Staatsanleihen von Portugal und Irland konnten von der Entwicklung profitieren.

Zudem zog der Euro-Kurs wieder etwas an. Von 1,25 Dollar am Freitag stieg die Gemeinschaftswährung auf 1,26 Dollar. Der Europäische Leitindex EuroStoxx machte einen Kurssprung und notiert jetzt um 2,05 Prozent höher als zuletzt.

Troika wird Umsetzung überwachen

Die EU-Kommission betonte indes, dass die mit den Geldern gestützten spanischen Banken einen Plan zur Restrukturierung vorlegen müssen. Auch für Spanien werde es eine Troika geben, die die Umsetzung der Auflagen überwachen werde, sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia am Montag dem spanischen Rundfunksender Cadena Ser. Neben der Euro-Gruppe und der Europäischen Zentralbank werde dabei wieder der Internationale Währungsfonds an Bord sein.

Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble verteidigte die neuerlichen Milliardenhilfen für einen Euro-Staat. Es handle sich nicht um eine direkte Finanzspritze für die maroden Banken des Landes. „Der spanische Staat ist der Kreditnehmer für Europa, Spanien haftet dafür.“ Die Regierung in Madrid werde das Geld den Finanzinstituten dann zur Verfügung stellen und die Banken beaufsichtigen. Die mit den Finanzhilfen verbundenen Auflagen würden dabei nur den Finanzsektor betreffen.

Bankenstudie soll Licht ins Dunkel bringen

Mit Spanien schlüpft bereits das vierte Euro-Land nach Griechenland, Irland und Portugal unter den Euro-Rettungsschirm. Die Regierung in Madrid will nach einer spätestens für den 21. Juni angekündigten unabhängigen Studie Licht ins Dunkel seiner Bankenprobleme bringen und den formellen Hilfsantrag erst hinterher stellen. Damit würde der Antrag nach der Parlamentswahl in Griechenland gestellt werden, die auch mit Blick auf den Verbleib des Landes in der Eurozone wichtig ist. (TT.com, APA/Reuters/dpa)