„Spektakel liegt mir nicht“
„Ich mag es nicht, wenn in Filmen unnötig Blut vergossen wird“: Die italienische Leinwandlegende Terence Hill dreht zurzeit in Südtirol. Die TT hat mit ihm gesprochen.
Von Joachim Leitner
Bozen –Man kann davon ausgehen, dass der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder mit der ersten Staffel der TV-Serie „Un passo dal cielo“, die mit überwältigendem Erfolg (rund sechs Millionen regelmäßige Zuseher) im Herbst letzten Jahres im ersten Programm der öffentlich-rechtlichen RAI ausgestrahlt wurde, nicht sehr zufrieden war. Offen zugegeben hat er es natürlich nicht – dazu wäre die Präsentation der zweiten Staffel wohl kaum der richtige Ort –, aber ein paar Spitzen konnte er sich dann doch nicht verkneifen. Er hoffe, dass in Zukunft auf faktische Fehler und das eine oder andere Bergler-Klischee verzichtet werde und eine größere Einbindung der einheimischen Bevölkerung würde ihn freuen. Ansonsten sei aber alles „bellissimo“ und „fantastico“ bei der Produktion, die das Land Südtirol mit rund 1,5 Millionen Euro fördert. Vor allem natürlich der Hauptdarsteller, der in seiner Förstermontur neben den ganzen Anzugträgern seltsam deplatziert wirkte und immer wieder, wenn das Loben kein Ende nehmen wollte, Zuflucht hinter getönten Brillengläsern suchte.
Der große Auftritt, das merkt man schnell, ist Terence Hills Sache nicht. Der mittlerweile 73-Jährige wirkt unsicher, geradezu scheu. „Pressekonferenzen und die ganze PR gehören dazu, aber ich würde lügen, wenn ich sagte, dass mir das ganze Spektakel wirklich wichtig ist“, erzählt er im Anschluss im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung. Dann bestellt er sich ein kleines Bier. Es sind die ersten ruhigen Minuten des Tages. Seit sechs Uhr morgens steht er vor der Kamera. Er hatte nicht einmal Zeit, sich umzuziehen. „Es ist mir noch immer unangenehm, im Mittelpunkt zu stehen. Schauspielen ist meine Leidenschaft, aber für das ganze Drumherum bin ich ungeeignet“, sagt er und lässt ein Lächeln um seine Lippen schleichen. In „Un Passo dal cielo“ spielt Hill, der eigentlich Mario Girotti heißt, einen in die Jahre gekommenen Förster, der mit den Irrungen und Wirrungen in einem kleinen Bergdorf seine liebe Not hat, doch wenn er lächelt, ist für einen Moment der Schalk aus unzähligen Haudraufkomödien, der lebenslustige Weltenbummler, der mit seinem Leinwandpartner Bud Spencer dem Wort Kult in eine neue Dimension verholfen hat, da. Der Superstar, der Held. Ob es ihn störe, immer wieder auf die alten Zeiten, auf Filme wie „Die linke und die rechte Hand des Teufels“ oder „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“ angesprochen zu werden? „Es ist eine große Freude, an etwas beteiligt gewesen zu sein, das den Menschen noch immer große Freude macht“, sagt er. Wohl seine Standardantwort auf lästige Journalistenfragen. Doch dann, nach einer kurzen Pause, legt er los: „Nach der ersten Komödie, die ich mit Bud Spencer gedreht habe, hat mich eine Mutter auf offener Straße angesprochen und gesagt, ich dürfe nie mehr andere Filme machen, weil sie nur so ihren Sohn bedenkenlos ins Kino schicken könne.“ Daraufhin habe er sich geschworen, sich nie mehr an einem Projekt zu beteiligen, in dem grundlos Blut vergossen werde. „Daran habe ich mich bis heute gehalten“, sagt er, „auch wenn es zunehmend schwieriger geworden ist – Filme ohne Gewalt und Sex werden kaum noch gemacht.“
Bevor er ins komödiantische Fach wechselte, spielte Terence Hill – noch unter seinem bürgerlichen Namen – mit Alain Delon und Claudia Cardinale in Luchino Viscontis „Der Leopard“. Zusammen mit dem argentinischen Kinovisionär Fernando Birri drehte er das Mysterienspektakel „Org“ und in manchem bundesdeutschen Heimatfilm gab der Sohn eines Italieners und einer Deutschen den jugendlichen Liebhaber. Erst dann kam der Western, zunächst als Nebendarsteller in den Karl-May-Filmen, dann als kaltblütiger Killer im Italowestern und letztlich als „müder Joe“ an der Seite von Bud Spencer. „Der Western hat für mich alles verändert. Ich liebe dieses Genre. Es sind einfache Geschichten, die um große, existenzielle Themen kreisen“, sagt er. Vor zwei Jahren hat er sich in „Doc Texas“ noch einmal als Pistolero versucht. „Der Film war kein großer Erfolg, aber es hat Spaß gemacht.“ Im deutschen Sprachraum kam der Film als „Nobody kehrt zurück“ kürzlich in den Handel und erinnert an Hills cineastisches Meisterstück, den lakonischen Spätwestern „Mein Name ist Nobody“, den Regielegende Sergio Leone eigens für ihn und Henry Fonda geschrieben hat. Wenn Hill von den beiden spricht, leuchten seine blauen Augen. Genau und präzise seien sie gewesen, hätten sich ohne Allüren in den Dienst der Sache gestellt. „Fonda hat mir vorgeschlagen, nach Amerika zu gehen, aber ich habe es nur kurz in Hollywood ausgehalten. Es gab zahlreiche Angebote, viele Partys, viel Spektakel. Nach drei Wochen bin ich zurück nach Italien.“ Und zu Bud Spencer, mit dem ihn bis heute eine enge Freundschaft verbindet. „Spätestens nach Ende der Dreharbeiten werde ich mich mit ihm zu einem großen Teller Spaghetti treffen“, sagt er und erteilt den Gerüchten, dass es irgendwann einen neuen Kinofilm mit dem Kult-Duo geben wird, eine Absage: „Wir sind zwei alte Männer. Wir waren lustig, aber jetzt wären wir lächerlich.“