Fall Graf vermutlich längst verjährt - Menschenkette geplant
Ob der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf - er schien auf insgesamt elf Kandidatenlisten als „Rechtsanwalt“ auf - gegen den Paragrafen der falschen Berufsbezeichnung verstoßen hat oder nicht, dürfte irrelevant sein.
Wien – Wer sich in Österreich unberechtigt als Rechtsanwalt bezeichnet, muss mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro rechnen. Dies sieht Paragraf 57 der Rechtsanwaltsordnung vor, die in diesem Fall von einer Verwaltungsübertretung spricht. Sollte der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (F) diesen Tatbestand erfüllt haben, müsste er trotzdem nicht mit Konsequenzen rechnen: Sein Fall wäre längst verjährt.
„Wer unberechtigt die Berufsbezeichnung ‚Rechtsanwalt‘ (...) führt, seiner Firma beifügt, als Geschäftszweig oder Gegenstand des Unternehmens angibt, sonst zu Werbezwecken verwendet oder auf andere Weise die Befugnis zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft vortäuscht, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 Euro zu bestrafen“, heißt es in der Rechtsanwaltsordnung. Eine Strafe von 16.000 Euro droht jenen Personen, die eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbieten oder sogar ausüben.
Graf war bei fünf Wahlen auf insgesamt elf Listen als Rechtsanwalt angeführt. Zum ersten Mal war dies 1994 der Fall, zuletzt 2001. Das haben Erhebungen der Wahlbehörde der Stadt Wien am Montag ergeben. Ob Graf gegen den Paragrafen der falschen Berufsbezeichnung verstoßen hat oder nicht, dürfte allerdings irrelevant sein. Das Verwaltungsstrafgesetz (Paragraf 31) sieht in diesem Fall eine Verjährungsfrist von sechs Monaten „nach Abschluss der strafbaren Tätigkeit“ vor.
Die FPÖ sieht in den fehlerhaften Berufsbezeichnungen einen „bürokratischen Fehler“ in den eigenen Reihen. „Dass es auf den öffentlichen Wahllisten von 1994 bis 2001 eine anderslautende Bezeichnung gegeben hat, muss ein Fehler der damaligen Geschäftsstelle im Zuge der Weiterleitung der Listen an die zuständige Wahlbehörde gewesen sein“, vermutete Generalsekretär Herbert Kickl am Montag in einer Aussendung.
„Tatsache ist, dass Martin Graf in allen Meldungen für seine Kandidatur seine Berufsbezeichnung völlig korrekt als Rechtsanwaltsanwärter angegeben hat“, verteidigte Kickl den unter Beschuss geratenen Dritten Nationalratspräsidenten. Offenbar sei bei der Erstellung der Listen nach 1994 auf die ursprünglich fehlerhafte Liste von 1994 zurückgegriffen worden. Unter der „Administration“ von Parteichef Heinz-Christian Strache sei Graf jedenfalls immer mit der korrekten Berufsbezeichnung aufgeschienen.
Menschenkette um das Parlament geplant
Mehrere Gruppierungen haben zu einer Protestveranstaltung am Dienstag gegen den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (F) aufgerufen. Ziel ist es, um 19.00 Uhr eine Menschenkette um das Parlament zu bilden. Unter dem Motto „Bildungsziel : Anstand - Graf muss gehen“ fordern unter anderem Sozialistische Jugend, Grüne, Katholische Aktion, Caritas und Bundesjugendvertretung „mehr Anstand in der Politik“ ein, hieß es am Montag in einer Aussendung. (APA)