Erst höher bauen, dann tieferlegen
Kompromisslos sportlich gibt sich die Neuauflage des Cayenne GTS von Porsche: Die Zuffenhausener haben seinen 4,8-Liter-V8 auf 420 PS und 515 Newtonmeter Drehmoment hochgezüchtet.
Von Markus Höscheler
Pörtschach –Wer in die Höhe strebt, muss tief liegen: Die Maxime kommt bei jenen Sports Utility Vehicles (SUV) zur Anwendung, die besonders eifrig um die Kurven hetzen und dabei ihre Haltung bewahren sollen. Deren Verlust droht vor allem großen SUV, die bei Richtungswechseln spür- und sichtbar ins Wanken kommen. Eine unangenehme Erfahrung, eine unansehnliche Erscheinung – jedoch zu korrigieren. Das haben in der jüngeren Vergangenheit die Techniker von Porsche bewiesen, die vor viereinhalb Jahren dem luxuriösen Allradler Cayenne eine GTS-Variante zur Seite stellten. Eine Reihe von Maßnahmen, darunter die Tieferlegung der Karosserie, bewirkte ungeahnte dynamische Erfolge. Die Kundschaft ließ sich davon überzeugen, auch wenn das veredelte SUV dank verminderter Bodenfreiheit seine Talente im unwegsamen Gelände eingebüßt hat: Fast 16.000 Cayenne-Käufer lenken einen GTS.
Die können sich allmählich mit einem Nachfolger vertraut machen. Den hat Porsche im April in Peking vorgestellt, im Juli kommt er auf den Markt. Erkennbar ist er an zahlreichen Details, etwa an den farbigen Bremssätteln oder an den schwarzen Innenblenden in den Frontleuchten. Hinzu kommen vergrößerte Lufteinlässe, die an den Cayenne Turbo erinnern. Abgedunkelte LED-Rückleuchten und zwei schwarze Doppelendrohre sind weitere Merkmale des GTS, der gegenüber der Basis Cayenne S um 20 bis 24 Millimeter weniger Bodenfreiheit aufweist. Der Unterschied resultiert aus der Entscheidung des Käufers, entweder die serienmäßige Stahlfederung oder die aufpreispflichtige Luftfederung zu bestellen.
Die Konsequenz des Eingriffs: Der Schwerpunkt ist niedriger, das Fahrzeug agiler. Das allein wäre dennoch nur die halbe Miete, gäbe es nicht eine passende Motorisierung. Die stellt Porsche mit einem verfeinerten 4,8-Liter-V8-Benziner bereit. Das Aggregat leistet mit 420 nun 15 PS mehr als im Vorgänger-GTS, zudem steigt das Nenndrehmoment um 15 auf 515 Newtonmeter (bei 3500 Umdrehungen/Minute).
Die Steigerungen lassen sich an den Fahrleistungen ablesen: Schon in 5,7 Sekunden stürmt der neue GTS von null auf 100 km/h, seine Höchstgeschwindigkeit erreicht er mit 261 km/h. Im Vorgänger mussten und müssen sich die Fahrer noch mit 6,5 s bzw. 250 km/h zufrieden geben. Das dürfte allerdings noch leichter zu akzeptieren zu sein als die Normverbrauchswerte: Der überarbeitete Sauger benötigt laut Hersteller nur noch 10,7 l/100 km, das sind 3,2 l weniger.
Die Verbrauchsreduktion ist nicht nur der Modernisierung des Triebwerks zu verdanken, sondern auch dem geringeren Eigengewicht: Wog der alte GTS noch 2245 kg, bringt der Neuling lediglich 2085 kg auf die Waage. In Summe führen die Maßnahmen zu einem beeindruckenden Fahrverhalten, wie wir in dieser Woche auf Kärntner Landstraßen erlebten. Unglaublich hohe Kurvengeschwindigkeiten lassen sich mit dem GTS erzielen, zumal die Lenkung an Direktheit und Präzision kaum zu überbieten ist. Die Allradtechnik trägt dazu bei, den frischen Porsche als Wedelkünstler bezeichnen zu können. Eine weitere imposante Begleiterscheinung ist die Akustik – der V8 klingt kräftig und blubbert beim flotten Wechsel der acht automatisch eingelegten Gänge. Der alte GTS musste noch mit sechs Gängen (Wandler oder händisch bedient) auskommen.
Mit einer gut ausgestatteten Basis kann der Käufer des Cayenne GTS rechnen, zumal er mindestens 112.950 Euro für den SUV-Dynamiker überweisen muss. Gleichwohl findet sich Optionales im Menü, etwa das erstmals für den Cayenne offerierte, vom 911 Carrera bekannte „Sport Chrono Paket Plus“ (ab 423,66 Euro).
Weiterhin im Cayenne-Programm bleiben die bisher angebotenen Motorvarianten: drei Benziner mit den Leistungsstufen 300 (V6), 400 (V8) und 500 (Biturbo-V8) PS, ein Turbodiesel mit 245 PS und eine Hybridversion mit 380 PS.