Raserei mit den Boca Juniors
Für die Abende ohne Fußball hat der Däne Ole Christian Madsen mit „Superclassico – Meine Frau will heiraten“ eine Komödie über Eheprobleme und Fußball inszeniert.
Von Peter Angerer
Innsbruck –In den späten 90er-Jahren haben Lars von Trier („Idioten“), Thomas Vinterberg („Das Fest“) und Søren Kragh-Jacobsen („Mifune“) mit ihren Dogma-Filmen nicht nur die dänische Kinolandschaft verändert. Ihr strenges Regelwerk zur Herstellung von Filmen war dann letztlich nicht viel mehr als eine geglückte Marketingmaßnahme, von der auch die Protagonisten zehren konnten. „Mifune“-Star Anders W. Berthelsen ist mit „Italienisch für Anfänger” ins Komödienfach gewechselt und zum Star avanciert. Paprika Steen hat in fast allen Dogma-Filmen gespielt und ist seither – gefühlt – in fast allen dänischen Filmen zu sehen.
Ole Christian Madsens „Superclassico – Meine Frau will heiraten“ ist eine schrille Komödie über das Ende einer Ehe und des dänischen Kinos. Als Christian (Anders W. Berthelsen) und sein Sohn Oscar in Buenos Aires ankommen, um die aus Kopenhagen geflüchtete Ehefrau und Mutter Anna (Paprika Steen) noch einmal für die Idee einer gemeinsamen Familie zu begeistern, begegnen sie auf den Straßen nur Verachtung. Die Argentinier kennen von Dänemark nur den dänischen Porno, wissen nichts von der feinen Depression der Dogma-Bewegung, die ohne Kamerastativ, Kunstlicht und Musik jede offene Wunde der dänischen Gesellschaft zum Bluten brachte.
Bereits das erste Bild verrät, dass in „Superclassico“ nicht viel Zeit bleibt für cineastische Nuancen. Christian lümmelt mit einer Flasche Bordeaux an der Theke seiner Vinothek in Kopenhagen und eine Erzählstimme erläutert in launischem Tonfall die Stimmung. Christian denkt an Selbstmord, aber nicht an die Ausführung. Seitdem ihn Anna verlassen hat, funktioniert die Nase des Sommeliers nicht mehr, weshalb Kunden ausbleiben und der Ruin angesichts des eigenen Dursts nur noch eine Frage von Wochen sei. Besonders mies wird Christians Laune, als ihn die Aufforderung erreicht, endlich die Scheidungspapiere zu unterschreiben, da Anna einen ehelichen Neustart wagen möchte.
Mit seinem pubertierenden Sohn fliegt der Sommelier nach Buenos Aires, um die Katastrophe zu verhindern. Während ihn die Stadt mit all ihren Attraktionen wie Straßenräubern im Tangorhythmus zu überrollen versucht, errichtet der gedemütigte Ehemann eine Mauer aus Verachtung. Aus beruflichen Gründen mißbilligt er die Cuvéeversuche der argentinischen Winzer, die auf den Syrah schwören. Dann gibt es noch diese unangenehme Fußballsache, denn Anna wird den wie „die Hand Gottes“ verehrten Juan Diaz (Sebastián Estevanez) heiraten, der beim „Superclásico“ zwischen Boca Juniors (Maradonas Verein) und River Plate die Bevölkerung in Raserei versetzt. Christian spielt dagegen sein Match des Lebens in einer Bar in Stadionnähe. Er entdeckt endlich die Vorzüge des schweren Syrah und damit die leichte Lebensart.
Mit „Superclassico“ verabschiedet sich Ole Christian Madsen von seinen düsteren Dramen und wurde dafür in Dänemark mit Zuschauerrekorden belohnt. Hierzulande könnte die überdrehte Komödie als sympathische Ergänzung zu den Fußballübertragungen funktionieren.