Von Luftgitarren und dem Augenzwinkern beim Tanz
Der kanadisch-deutsche Choreograf Eric Gauthier eröffnet mit seiner Kompanie den Innsbrucker Tanzsommer. Ein Gespräch über Humor.
Innsbruck – Eric Gauthiers Dance Company sorgte beim vergangenen Innsbrucker Tanzsommer für gute Stimmung. Heuer hat der gebürtige Kanadier unter anderem ein Stück über das Luftgitarrespielen im Gepäck, das er selbst tanzt. „Air Guitar“ und eine weitere Choreografie Gauthiers werden übrigens auch im Herbst unter Enrique Gasa Valga am Tiroler Landestheater zu sehen sein. Tanz ist für Gauthier Leben. Humor auch, möchte man nach einem Gespräch mit ihm hinzufügen.
Warum macht Tanz derzeit das Publikum so glücklich?
Eric Gauthier: Ich hatte immer den Traum, das Publikum glücklich zu machen. Auch mit der Eric Gauthier Dance Company, die jetzt fünf Jahre alt ist. Ich möchte ein (junges) Publikum ansprechen, das auswählen kann, ob es ins Kino oder in ein Tanzstück geht. Deshalb halte ich den Kartenpreis niedrig bei 25 Euro. Enrique Gasa Valga und ich haben – glaube ich – ganz einfach Lust, das Publikum zu begeistern. Leider bringen noch viele Stadttheater „Schwanensee“. Doch es gibt so viele Facetten des Tanzes. Mein Ziel ist es, dass alle „lucky“ nach Hause gehen.
Was bedeutet für Sie Tanz?
Gauthier: Seit meinem neunten Lebensjahr ist Tanz mein Leben. Jetzt, wo ich einen kleinen Sohn habe, prägt mein Leben der Tanz und die Familie. Meine Energie und meine Ideen stecke ich in den Tanz und die Familie. I am living dance.
Beim letzten Tanzsommer sah man Ihr Wölfeorchester und die gewitzte Abrechnung „Ballett 101“. Humor prägt Ihre Arbeit.
Gauthier: Der Humor steckt in den Stücken, weil er in mir steckt. Ich bringe auch ständig meine Frau und mein Kind zum Lachen. Die moderne Tanzwelt hat so viele Dünkel, so viel Ernst. Ich weiß schon, Kritiker mögen es nicht, wenn die Leute Spaß haben. Das ist dann ja keine Kunst. Aber ich finde, man geht ins Theater, um zu lachen und zu weinen. Früher dachte ich über Kritiken nach, doch jetzt mache ich mir keinen Kopf mehr darüber. Humor gehört zu mir. Man will ja als Choreograf einen Stil kreieren, ähnlich wie ein Liedschreiber.
Ist es für Sie schwierig, vom Tänzer zum Choreografen zu wechseln?
Gauthier: Der Wechsel ist nicht einfach und gelingt nur wenigen. Enrique Gasa Valga, den ich als Tänzer kannte, hat den Wechsel zum Choreografen gut hinbekommen. Ich stehe einerseits noch auf der Bühne, andererseits bin ich für 18 Kompaniemitglieder verantwortlich und choreografiere. Aber ich freue mich darauf, nur Choreograf zu sein.
Wohin geht der Tanz im Moment?
Gauthier: Er scheint zu bleiben, wo er ist. Viele sind von großen Vorbildern wie William Forsythe und Jirí Kylián inspiriert. Ein neuer Stil kommt dabei nicht oft heraus. Man denke an Pina Bausch, Menschen wie sie haben den Tanz bewegt. Ich hoffe, dass eine neue junge Generation kommt. Und ich würde gerne dabei sein.
Sie kommen aus Kanada und arbeiten in Deutschland. Wie sehen Sie das Tanzgeschehen in Amerika und Europa?
Gauthier: In Amerika kommt viel mehr der Spitzenschuh zum Einsatz. Holland hat sein Netherland Dance Theatre, das sehr theatralisch ist, Deutschland sein berühmtes Tanztheater. In den USA ist es derzeit Trend, Choreografen aus Europa einzuladen. Umgekehrt funktioniert das beim Publikum nicht.
Haben Sie Sehnsucht nach dem Ballett?
Gauthier: Ballett habe ich zwölf Jahre lang gemacht. Ich habe 200-mal in „Schwanensee“ und in „Romeo und Julia“ getanzt. Das reicht.
Doch das Ballett ist immer noch die Basis für Tänzer.
Gauthier: Die klassische Basis ist wichtig für Haltung und Körperbeherrschung. Ich suche nach dem Dazwischen. Ballett und die runde Bewegung des Heute. Was Tänzerinnen und Tänzer noch brauchen, ist Ausstrahlung. Diese Kombination ist bei jungen Tänzern schwer zu finden.
Sie sind auch Musiker. Wie gehen Sie an eine Choreografie heran?
Gauthier: Anders als viele Choreografen nicht über die Musik. Ich gehe von einer Idee aus und hoffe, dass dann jemand die Musik dazu schreibt. Zuletzt haben mich Tattoos beschäftigt, mein neues Duett handelt davon.
Kann jeder tanzen?
Gauthier: Nicht so wie wir. Aber jeder Mensch hat Tanz in seinem Leib und seiner Seele. Tanz befreit den Körper und vertreibt die Sorgen.
Das Gespräch führte Sabine Strobl