Friedensnobelpreis-Rede

„Eine Führungsgestalt für die Welt“ - Suu Kyis großer Moment in Oslo

Burmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi hat mit 21 Jahren Verspätung ihre Nobelpreisrede in Oslo gehalten. „Wenige haben mehr dafür geleistet, dass die Welt ein besserer Platz wird“, sagte Laudator Thorbjörn Jagland über sie.

Oslo - Die burmesische Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hat in Oslo zu koordinierter internationaler Hilfe bei den Reformen in ihrem südostasiatischen Heimatland aufgerufen.

In ihrer am Samstag mit 21-jähriger Verspätung gehaltenen Dankesrede für den ihr zugesprochenen Nobelpreis 1991 sagte die burmesische Oppositionsführerin sie sei „vorsichtig optimistisch“ hinsichtlich der demokratischen Reformen in ihrem Land, das fünfzig Jahre von einer Militärdiktatur beherrscht wurde.

„Wir wurden vor dem Vergessen bewahrt“

Zur Bedeutung des Friedensnobelpreises während der Isolierung durch zwei Jahrzehnte Hausarrest und politischer Unterdrückung sagte Aung San Suu Kyi in Anwesenheit des norwegischen Königspaares, König Harald V. und Königin Sonja: „Der Preis hat die Aufmerksamkeit der Welt auf den Kampf für Demokratie und Menschenrechte in Burma gelenkt. Wir wurden vor dem Vergessen bewahrt.“

Der Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, der frühere Ministerpräsident Thorbjörn Jagland, nannte Suu Kyi in seiner Laudatio eine „moralische Führungsgestalt für die ganze Welt.“ Sie habe in zwei Jahrzehnten persönlicher und politischer Verfolgung weder Bitterkeit noch Feindseligkeit entwickelt. Jagland: „Wenige haben mehr dafür geleistet, dass die Welt ein besserer Platz für uns alle wird.“

Am 10. Dezember 1991 hatte die burmesische Demokratieführerin die Auszeichnung nicht selbst in Oslo in Empfang nehmen können. Sie wurde von der damaligen Militärjunta unter Hausarrest gestellt und in der norwegischen Hauptstadt von ihrem 1999 verstorbenen Ehemann, dem britischen Universitätsprofessor Michael Aris, und den beiden Söhnen Alexander und Kim vertreten. Seit den Parlamentsnachwahlen in Burma im April kann sie ungehindert als Chefin der Opposition wirken.

Hoffnung auf Waffenstillstand

Wenige Tage nach den blutigen Ausschreitungen zwischen Buddhisten und Muslimen im burmesischen Teilstaat Rakhine mit inzwischen 30.000 Flüchtlingen sagte Suu Kyi zur Lage in ihrer Heimat, sie hoffe auf politische Lösungen durch Waffenstillstandsvereinbarungen.

Zu generellen politischen Entwicklungen in Burma meinte sie: „Die von Präsident Thein Seins Regierung in Gang gesetzten Reformmaßnahmen können nur dauerhaft wirken, wenn alle inneren Kräfte intelligent kooperieren.“ Dazu gehörten das Militär, die ethnischen Gruppen, politische Parteien, die Medien, die Zivilgesellschaft, Organisationen, Wirtschaft und vor allem die Öffentlichkeit insgesamt.

Gewaltloser Einsatz für Menschenrechte

Die 66-jährige Tochter des ermordeten burmesischen Unabhängigkeitshelden General Aung San hatte den Friedensnobelpreis für ihren gewaltlosen Einsatz für Demokratie und Menschenrechte erhalten. Ihre Nationale Liga für Demokratie (NLD) hatte 1990 Wahlen zu einer Verfassungsgebenden Nationalversammlung mit Vierfünftelmehrheit gewonnen, doch hatte das Militär die Machtübergabe verweigert und das Wahlergebnis annulliert.

Den Weg zur Legalisierung der NLD hatte der jetzige burmesische Präsident Thein Sein, der frühere Premier der Militärjunta, geebnet. Die NLD hat mit Suu Kyi an der Spitze bei Nachwahlen im April 43 von 45 vergebenen Sitzen (sieben Prozent aller Mandate) gewonnen. Parteigänger des Militärs dominieren aber weiterhin das Parlament. (APA/dpa/AFP)