Obama kämpft auch um sein eigenes Schicksal beim G20-Gipfel
Eine Rezession in Europa würde auch die US-Wirtschaft und damit Obamas Wiederwahl gefährden.
Washington – Was für einen Unterschied vier Jahre machen. Inmitten des Wall-Street-Crashes wurde die Gruppe der 20 weltweit stärksten Volkswirtschaften 2008 zum zentralen Wirtschaftsforum. Damals waren es die Amerikaner, die auf dem Schleudersitz Platz genommen hatten. Nun ist die Welt wieder in Sorge. Doch dieses Mal wegen der Europäer.
US-Präsident Barack Obama, der bei den G20-Gipfeln in London und Pittsburgh im Jahr 2009 noch von den Europäern unter Druck gesetzt wurde, stellt nun selber Forderungen. Damals wurde Obama ermahnt, die US-Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Jetzt nimmt der Mann im Weißen Haus die Europäer in die Pflicht, ihre andauernde Krise entschlossen anzugehen - vor allem, da Griechenland droht, die Eurozone auseinanderzureißen.
Vor dem Beginn des G20-Gipfels an diesem Montag in Los Cabos, einem beliebten Badeort an der mexikanischen Pazifikküste, warnte Obama, in Europa drohe eine Rezession. Und diese gefährde auch die ohnehin schwache US-Wirtschaft, sagte der um seine Wiederwahl kämpfende Präsident vor Journalisten in der Heimat.
„Das Fazit lautet: Lösungen für diese Probleme sind schwierig, aber es gibt Lösungen“, sagte er. Wachstum müsse gefördert werden, Reformen seien nötig. „Die nötigen Entscheidungen sind hart, aber Europa ist in der Lage, sie zu treffen.“ Das klingt milder, als das, was Washington noch vor einigen Jahren aus Europa zu hören bekam.
Beim G20-Gipfel in Pittsburgh waren die USA und Europa auf Konfrontationskurs gegangen. Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt sprach im Namen der EU, als er sagte: „Die Finanzkrise ist von den USA ausgegangen. Es ist auch im Sinne der Steuerzahler und Menschen in den USA, dieses Problem zu lösen.“
Obama weist auf Kontakt zu europäischen Amtskollegen hin
Hiebe gegen seine europäischen Amtskollegen hat Obama bisher gemieden. Stattdessen weist er immer wieder auf den stetigen Kontakt zu ihnen hin - und darauf, dass Europa von der frühen Entscheidung seiner Regierung lernen könne, Wachstum mit einem Mega-Konjunkturprogramm von 800 Milliarden Dollar zu fördern.
Obama hat einiges zu verlieren, wenn Europa die Welt zurück in eine Rezession treibt. Er steht inmitten eines schweren Kampfes um seine Wiederwahl und muss sich der Kritik seines republikanischen Herausforderers Mitt Romney stellen. Dieser wirft Obama vor, die USA in ein ähnliches Schicksal wie das von Griechenland zu führen - mit einem übertriebenen Fokus auf Ausgaben, statt angesichts des außer Kontrolle geratenen öffentlichen Haushalts auf Kürzungen zu setzen.
„Wir können den Weg weitergehen und mehr und mehr wie Europa werden, (...) oder wir können zu den Prinzipien zurückkehren, die Amerika zu Amerika machen“, hatte Romney am Donnerstag gesagt.
„Bei dieser Wahl geht es um unsere wirtschaftliche Zukunft“
Obama muss die amerikanische Öffentlichkeit, die sich auf die wirtschaftlichen Probleme in der Heimat konzentriert, überzeugen, dass sein Blick nach Europa auch in ihrem Interesse ist. Weniger Nachfrage aus Madrid und Paris könnte weniger Aufträge für amerikanische Unternehmen bedeuten und letztlich weniger Jobs. Die Arbeitslosigkeit in den USA ist wieder auf 8,2 Prozent gestiegen.
„Bei dieser Wahl geht es um unsere wirtschaftliche Zukunft“, hat Obama selbst zugegeben. Wie groß der Einfluss Europas auf die Wirtschaft in den USA ist - und damit auf Obamas persönliche Zukunft - wird sich zeigen. (dpa)