Wenn Nachhilfe Schule macht
Auf 1840 Schüler der mittleren und höheren Schulen Tirols wartet im Herbst eine Wiederholungsprüfung. Der Leistungsdruck auf Volksschüler steigt unterdessen weiter.
Von Marco Witting
Innsbruck –Raus aus der Schule, rein in die Ferien. Prüfungsstress, Schularbeiten, die nervenden Fragen der Eltern und die bohrenden der Lehrer – all das liegt ab morgen hinter den Tiroler Schülern. Zuvor wartet allerdings das Zeugnis auf die Kinder. Und das fällt nicht überall so gut aus.
So sind heuer 21.061 Schüler aus den mittleren und höheren Schulen in Tirol zum Aufstieg in die nächsthöhere Stufe berechtigt. Auf 1840 (7,6 Prozent) Schüler wartet dagegen noch eine Wiederholungsprüfung. Drei oder mehr Nicht genügend im Zeugnis haben in den mittleren und höheren Schulen 839 Schüler, das sind 3,5 Prozent. Sie müssen, sofern sie an der Schule bleiben, die Klasse wiederholen. Die Quote der erfolgreichen Schüler ist mit 87,2 Prozent sogar leicht im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Einen ungemütlichen Sommer gibt es für jene, deren Zeugnis nicht so gut ausgefallen ist. Sie werden, während die Freunde im Schwimmbad toben, wohl etliche Stunden über den Büchern sitzen – oder einen Nachhilfekurs belegen. „So etwas machen auch immer mehr Kinder, die in die Volksschule gehen“, erkennt Erwin Niederwieser von der AK einen neuen Trend. Warum das gemacht wird? Nur mit starken Volksschulnoten kommen die Kinder auch ins Gymnasium. „Ein enormer Leistungsdruck auf Neun- bis Zehnjährige“, wie es Niederwieser beschreibt. Schulpsychologe Hans Henzinger sieht das ähnlich: „So eine Einstellung ist meist eher getragen von Sorge, geringem Zutrauen, Zukunftsangst oder Ehrgeiz und in diesem Sinn wahrscheinlich übertrieben.“ Zwar brauche es nicht neun Wochen, um wieder Kraft zu tanken. „Das Abschalten ist aber ganz wichtig für die Regeneration von Seele, Geist und Körper“, sagt der Psychologe. In einem Lerncamp gebe es auch Freitzeitangebote und sinnvolles Lernen. „Aber es muss nicht sein.“ Sowohl die Schulpsychologen als auch die AK-Experten raten dazu, zumindest eine kurze Lernpause zu machen.
Die Fächer, die in den Sommerferien gepaukt werden müssen, sind übrigens die Klassiker. „Mathematik, Fremdsprachen“, spricht Niederwieser leidgeprüften Schülern aus der Seele.
Einen neuen Trend hat man bei der AK-Sommerschule aber schon erkannt. Auch wenn die Vergleichszahlen noch sehr gering sind. „Die erforderliche Nachhilfe bei der Neuen Mittelschule ist im Vergleich zur Hauptschule weniger geworden“, sagt Niederwieser. Das Konzept von zusätzlichem Förderunterricht würde, dem ersten Anschein nach, also funktionieren.
Ein großes Problem für die Eltern seien die Kosten für die Nachhilfe. „Knapp 600 Euro, die pro Familie ausgegeben werden, sind schon saftige Beträge. Das sind ja nicht die einzigen Schulkosten, die zu bezahlen sind.“ Viele Eltern würden gerne noch mehr Nachhilfe bezahlen, können sich diese aber einfach nicht mehr leisten.
Konstant geblieben ist auch die Durchfallquote bei den Maturanten in Tirol. 2205 Jugendliche traten beim Haupttermin zur Reifeprüfung an. In der Altersklasse der 18- bis 19-Jährigen sind das 34,3 Prozent, was deutlich unter dem Bundesschnitt von 39,9 Prozent liegt. Nicht geschafft haben es heuer bis dato knapp sechs Prozent.
Nach dem Zeugnis ist vor dem neuen Schuljahr: Unter diesem Motto beginnt im Herbst für 7538 Kinder der Ernst des Lebens. Davon sind 837 Vorschüler. Für dieses Schuljahr haben sich auch 710 Lehrer beworben. 150 davon mit Anstellungserfordernissen werden trotzdem keine Stelle erhalten.
Dringender Bedarf für 2012/13 besteht vor allem in der Kombination Mathematik und Physik. Hier können 30 Planstellen tirolweit nicht besetzt werden.