Landespolitik

Tiroler Väter bekommen mehr Rechte

Die Rechte unverheirateter Väter werden gestärkt. Auch gegen den Willen der Mütter können sie künftig das Sorgerecht für ihre Kinder einfordern.

Von Brigitte Warenski

Innsbruck, Wien –Der jahrelange Kampf lediger Väter um ihre Kinder wird erfolgreich zu Ende gehen. „Im Rahmen des großen Familienrechtspakets, das im Herbst stehen soll, wird die Obsorge neu geregelt“, sagt Christian Wigand, Sprecherin von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP). Väter, die nicht mit der Mutter verheiratet waren, werden künftig das gemeinsame Sorgerecht auch gegen den Willen der Mutter beantragen können.

Dass die Obsorgereform in Tirol deutliche Spuren hinterlassen wird, ist sicher, denn 45 Prozent der Kinder und damit mehr als im Österreichschnitt (40 Prozent) werden ledig geboren. Tirols Väter ohne Trauschein hatten nach Trennungen bisher kaum Chancen auf ihre Kinder, wie die Zahlen zeigen: Während es 2010 in Tirol 20.700 Alleinerzieherinnen gab, waren es nur 3000 Männer, in deren Haushalt die Kinder lebten. Dass die gemeinsame elterliche Obsorge zum Kindeswohl Regel wird (wie die Familienforscher schon lange gefordert haben), geschieht nicht ganz freiwillig. „Wir müssen das Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) umsetzen“, erklärt Wigand.

Der EGMR kam zur Erkenntnis, dass die österreichische Rechtslage – wonach der Vater eines unehelichen Kindes nur dann die Obsorge erhält, wenn die Mutter zustimmt oder das Kindeswohl gefährdet ist – gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Vorausgegangen war dem Urteil die Klage eines Vaters am Bezirksgericht Mattighofen, der in einem Obsorgestreit an der geltenden Rechtslage gescheitert war.

Den Weg zum gemeinsamen Sorgerecht für ledige Väter muss auch Deutschland ebnen, nachdem eine Neuregelung vom EGMR eingemahnt worden war und das Bundesverfassungsgericht die alte Regelung für verfassungswidrig erklärt hatte. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll diese Woche vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Wie die Reform in Österreich konkret aussehen wird, ist noch offen. „Wir sind derzeit mit dem Koalitionspartner in Verhandlungen“ sagt Wigand. Dass das Antragsrecht für ledige Väter umgesetzt wird, bestätigt man im Büro von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Über die Details will man sich in den Medien in der Verhandlungsphase aber nicht auslassen. „Es wird in der einen oder anderen Form passieren“, heißt es aus dem Frauenministerium. Bisher hatte die Frauenministerin immer auf verbindliche Zusatzpunkte beharrt, etwa dass die Partner eine gewisse Zeit im gleichen Haushalt gelebt haben müssen.

Sind sich Karl und Heinisch-Hosek bei den Rechten lediger Väter im Großen und Ganzen einig, gibt es weiter größere Differenzen beim Thema Obsorge nach Scheidungen. Während die Justizministerin für ein Weiterlaufen des Sorgerechts nach der Trennung ist, wünscht sich Heinisch-Hosek, dass die Richter die Obsorge-Entscheidung fällen.

Klar vor Augen hat Karl auch die weiteren Punkte des Familienrechtspakets: Beschleunigung familienrechtlicher Verfahren und der schrittweise Ausbau der Familiengerichtshilfe, bei der Psychologen und Sozialarbeiter Richtern zur Seite stehen. Der Modellversuch läuft seit Jahresanfang an ausgewählten Standorten wie am Bezirksgericht Innsbruck. „Wir denken an eine österreichweite, flächendeckende Familiengerichtshilfe“, so Wigand. Können sich Eltern nicht einigen, droht der Streit vor Gericht zu eskalieren – und ist das Kindeswohl in Gefahr, soll eine verpflichtende Mediation angeordnet werden können. „Das war die Idee der Richter“, erklärt Wigand. Neuerungen soll das Familienrechtspaket auch beim Besuchsrecht bringen. In einem Maßnahmenkatalog sollen die Rechte und Pflichten festgelegt werden. Vernachlässigt ein Elternteil den Kontakt, könnten das laut Wigand Richter in Zukunft verstärkt mit Geldstrafen ahnden. Was das Namensrecht betrifft, soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass die gesamte Familie einen Doppelnamen führt.