Wilderer suchen den Thrill

Noch herrscht Chaos auf der Theaterbaustelle in Elbigenalp. Die neue Bühne wird am Samstag mit „Russa Weib“ eingeweiht.

Von Sabine Strobl

Elbigenalp –„Wenn man sich so umsieht, kann man kaum glauben, dass hier Theater gespielt werden soll. Wir proben seit acht Wochen auf einer Baustelle und müssen am Abend die Arbeiter hinauskomplimentieren“, meint Fabian Kametz gegenüber der TT. Mit Galgenhumor versteht sich: „Wenn ich nicht so tolle Schauspieler hätte, würde ich verzweifeln.“ Bestuhlung rein, Bestuhlung raus, Lichtlinien nachbessern, mehr Scheinwerfer. Im Mai hätte das knapp eine Million teure Projekt, finanziert von Tourismusverband, EU, Gemeinde, Verein Geierwally und Land Tirol, übergeben werden sollen. Aber Bauten werden meist im letzten Augenblick fertig, das heißt hier am Samstag zur Uraufführung von Claudia Langs neuem Stück. „Russa Weib“ hat Anklänge an Wilderer-Geschichten im Lechtal, die Handlung ist aber erfunden.

18 Schauspieler und Schauspielerinnen (mit neuem Mikro) treten heuer auf, um zum Nachdenken über die Natur und das Verhalten der Menschen anzuregen. „Das wird eine schräge Partie“, sagt Kametz. Denn die Tiere sind zivilisierter als die Menschen. Erstere gehen à la Walt Disney Golf spielen und trauern um den Tod eines erlegten Kameraden, während sich die Dorfbewohner in ihrer Ungunst zerfleischen. Der zivilisationskritische Ansatz wird auf den Kopf gestellt. Assoziationsreich sind auch Kostüme (Sigrid Wenter) und Bühne (Johannes Leismüller) angelegt. So wurde Trachtenkleidung mit Camouflage-Stoffen verfremdet. Und Menschen leben nicht in Häusern, sondern Stahlkästen. Über drei Generationen hinweg möchte Kametz das sich wandelnde Bild vom Wilderer verfolgen. Einst hatte es mit Nahrungsbeschaffung zu tun, später mit politischer Rebellion, heute wohl mit „Bungee-Jumping“. Der Wilderer ist sozusagen süchtig nach dem Thrill. „Das Publikum muss höllisch aufpassen“, meint Kametz noch und: „Tiere sind Meister der Tarnung, Menschen Meister der Täuschung.“ Die Musik stammt wie üblich bei der traditionsreichen Laienbühne von 2erBeziehung.

Auch Bernhard Wolf, ab dem nächsten Jahr künstlerischer Leiter der Geierwally-Bühne, ist leicht nervös. Er spielt seit seinem zwölften Lebensjahr im Verein Theater. „Ein Umbau ist immer schwierig. Da beißen den Letzten immer die Hunde, das sind in diesem Fall die Schauspieler und der Regisseur. Doch es hat sich gelohnt und wir bekommen eine tolle Plattform“, berichtet er von der Baustelle. Über die Bühne und den Zuschauerraum zwischen den Felsen und dem Bernhardsbach können künftig Segel gespannt werden. 10.000 Zuschauer lockt die Freilichtbühne im Lechtal jedes Jahr an. 2013 wird das 20-jährige Bestehen mit dem Stück „Geierwally“ gefeiert, das Felix Mitterer für die Lechtaler geschrieben hat. Nicht ohne Pikanterie, wenn auch zufällig, ist bei der heurigen Uraufführung das Thema Jagd, zumal der Bürgermeister von Elbigenalp den Landeshauptmann spielt und der Jagdfreund und Landeshauptmann von Tirol im Publikum sitzen wird. Gespielt wird jedes Wochenende bis Ende August.

Weitere Infos unter www.geierwally.at.