Online-Einkauf: „Handel muss handeln“
In den vergangenen 12 Monaten bestellten die Österreicher um 5,8 Mrd. Euro Waren über das Internet oder den Versandhandel – Tendenz steigend. Auch der Tiroler Handel muss künftig auf das neue Kaufverhalten reagieren.
Von Christina Stieber
Innsbruck –Kaum ein Markt entwickelt sich derzeit dynamischer als der Internethandel: Versandriese Amazon erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Rekordumsatz von 9,913 Mrd. US-Dollar, der Online-Marktplatz Ebay konnte 2011 satte 3,4 Mrd. Dollar umsetzen. Am großen Kuchen des Bestellbooms im Netz naschen auch immer mehr Tiroler Einzelhändler mit. Der Markt sei aber noch ausbaufähig, weiß Barbara Thaler, Gremialobfrau Versand-, Internet- und allgemeiner Handel der Wirtschaftskammer Tirol: „Wir haben derzeit noch zu wenige Händler, die ihre Waren im Internet anbieten. Dabei bräuchte heute jeder Händler eine saubere, gut aufgemachte Website.“
Der Markt hinkt in Österreich auch laut den Ergebnissen der jüngsten KMU-Studie zum Internet-Einzelhandel hinterher: 5700 Onlineshops zählte das Forschungsinstitut 2010, der Jahresumsatz lag insgesamt bei 1,9 Mrd. Euro. Damit hat er sich im Vergleich zum Vorjahr zwar verdreifacht – insgesamt entsprechen die Einnahmen über den Onlinehandel aber nur 3,6 % des gesamten Einzelhandelsvolumens. Mehr als 2,5 Millionen Österreicher haben aber im Vorjahr über das Internet um 4,5 Mrd. Euro eingekauft. Daraus ist zu schließen, dass ein großer Teil der Ausgaben ins Ausland abgeflossen ist.
Die KMU-Forscher gehen davon aus, dass die Zahl der Internetkäufer in Österreich auch in Zukunft um acht Prozent pro Jahr ansteigen wird. Durchschnittlich erwirbt ein Internetkäufer schon jetzt pro Jahr Waren im Wert von 1800 Euro – am liebsten kaufen die Österreicher im Netz Bücher, Bekleidung, Musik und Elektrogeräte. Interessant ist, dass sich die Altersgruppe der 45- bis 54-Jährigen als besonders kauffreudig zeigt: Diese gibt im Durchschnitt 2000 Euro pro Jahr im Internet aus.
Um die heimischen Einzelhändler fit für den von internationalen Konzernen beherrschten Markt zu machen, gelte es vor allem, die Professionalisierung voranzutreiben, rät Expertin Thaler: „Aus diesem Grund bieten wir den Onlinehändlern neben einem Leitfaden auch Rechtshilfe an.“ Durch die österreichische Gesetzgebung würden heimische Händler gegenüber ausländischen Anbietern nämlich mehrfach benachteiligt: „Wenn man Österreich mit dem Hauptkonkurrenten Deutschland vergleicht, beträgt zum einen die Umsatzsteuer in Österreich 20 Prozent, in Deutschland hingegen nur 19 Prozent. Auch die Lohnnebenkosten sind hierzulande um neun Prozent höher als bei unseren Nachbarn, außerdem haben wir eine strengere Bemautung – das alles führt derzeit zu höheren Preisen“, erklärt Thaler. „Darauf müssen wir die Politik hinweisen.“